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Wanderausstellung und Zeitzeugengespräch der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau In der Stadtbibliothek am 26. Januar

Mittwoch, 13. Januar 2016, 14:13 Uhr
Zeitzeuge Alexander Müller (Foto: A. Müller) Zeitzeuge Alexander Müller (Foto: A. Müller) Nordhausen (psv) Eine Wanderausstellung der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau wird vom 26. Januar bis zum 18. März 2016 im Foyer der Stadtbibliothek in Nordhausen gezeigt.

Am Dienstag, dem 26. Januar, um 10 Uhr, findet ausstellungsbezogen in der Stadtbibliothek ein Zeitzeugengespräch für Schüler und interessierte Nordhäuser statt. Das Zeitzeugengespräch wird durch die Gedenkstätte Jugendwerkhof Torgau von Frau Manuela Rummel moderiert. Als Zeitzeuge und Betroffener wird Herr Alexander Müller, einer der fünf Protagonisten, die in der Ausstellung mit ihren Biografien exemplarisch vertreten sind, anwesend sein.

Der Nordhäuser Oberbürgermeisters, Dr. Klaus Zeh, eröffnet die Ausstellung am gleichen Tag um 15 Uhr im Foyer der Stadtbibliothek.

Auf zwölf Tafeln und zwei Medienstationen führt die mobile Ausstellung in das System und den Alltag von DDR-Heimerziehung ein. Was war eigentlich ein Jugendwerkhof und wer wurde eingewiesen? Welche Bedingungen herrschten z.B. in den Durchgangsheimen für aufgegriffene Kinder und Jugendliche? Neben Informationen zu den einzelnen Umerziehungseinrichtungen anhand von Fotos, Dokumenten und Begleittexten ermöglichen fünf Lebenswege ehemaliger Heimkinder einen persönlichen Zugang zum Thema.

Unabhängig von der Ausstellung stellt die Berliner Künstlerin Katrin Büchel Fotografien in Anlehnung an ihre Zeit im Jugendwerkhof Torgau aus, Gino Kuhn verarbeitet seine traumatischen Erlebnisse von Stasi-Haft und Zuchthaus in ausdrucksstarken Bildern in Acryl und Öl, die er ebenfalls im Rahmen der Torgau-Ausstellung präsentiert.

Kathrin Büchel (Foto: Privatarchiv) Kathrin Büchel (Foto: Privatarchiv) „Spezialheime als Umerziehungsanstalten: Das gesetzlich festgelegte Erziehungsziel des DDR-Bildungssystems war die Herausbildung „sozialistischer Persönlichkeiten“. Dazu schuf das Ministerium für Volksbildung das System der Spezialheime der DDR-Jugendhilfe. Kinder und Jugendliche, die in Spezialheime eingewiesen wurden, galten als „schwererziehbar“ oder „verhaltensgestört“. Dehnbare Begriffe, die jegliche Form unangepassten Verhaltens mit einbeziehen konnten. Die gesamte Methodik des Systems Spezialheime war darauf ausgerichtet, durch „Umerziehung“ die Individualität Jugendlicher zu brechen und sie nahtlos in das sozialistische System einzufügen.

Die Heimerziehung war ausdrücklich abgegrenzt vom Jugendstrafvollzug. Zu den Spezialheimen zählten die Spezialkinderheime, die Jugendwerkhöfe, die Durchgangsheime, das „Kombinat der Sonderheime für Psychodiagnostik und Pädagogisch-Psychologische Therapie“ und schließlich als „letzte Instanz“ der „Geschlossene Jugendwerkhof Torgau“.

Der Geschlossene Jugendwerkhof in Torgau galt als offiziell einzige geschlossene Disziplinierungseinrichtung und „Endstation“ im Erziehungssystem. Gesetzlich festgelegt waren das Aufnahmealter von 14 bis 18 Jahren und die Aufenthaltsdauer bis zu sechs Monaten. Einweisungsgrund laut Gesetz waren wiederholte Verstöße gegen die Heimordnung in den anderen Jugendwerkhöfen und Spezialkinderheimen. Dazu zählten Fluchtversuche, „renitentes Verhalten“, wiederholte Arbeits- oder Schulverweigerungen oder Kritik am gesellschaftlichen System der DDR. Die Einweisung nach Torgau erfolgte auf Antrag des Heimleiters eines Spezialheims direkt beim Ministerium für Volksbildung. Kein einziger Jugendlicher kam aufgrund eines Gerichtsbeschlusses nach Torgau. Dennoch war dieser Jugendwerkhof schlimmer als jedes Jugendgefängnis. Hier wurde die Persönlichkeit junger Menschen bewusst gebrochen.

Kooperationspartner der Ausstellung sind der Verein Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V, die Stadt Nordhausen und die Stadtbibliothek Nordhausen.

Die Ausstellung ist während der Öffnungszeiten der Stadtbibliothek zu besichtigen.
Ausstellungsbesuch und Begleitveranstaltungen sind kostenfrei.

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