Meldung

Bildergalerie und Rede des OB: Neujahrsempfang von Stadt

Mittwoch, 14. Januar 2015, 11:23 Uhr
Nordhausen (psv) Mehr als 300 Gäste sind am Dienstagabend zum gemeinsamen Neujahrsempfang von Stadt und Hochschule Nordhausen in das neue Bürgerhaus gekommen. Gast war der neue Thüringer Minsiterpräsident, Bodo Ramelow.

Im Folgenden eine Bildergalerie und die Ansprache des Oberbürgermeisters Dr. Klaus Zeh im Wortlaut:

"Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich heiße Sie zu unserem diesjährigen Neujahrsempfang, zu dem die Stadt Nordhausen in guter Tradition gemeinsam mit unserer Hochschule eingeladen hat, ganz herzlich willkommen. Ich freue mich wiederum über den großen Zuspruch.
Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen allen alles Gute für das Jahr 2015! Ich wünsche Ihnen vor allem gute Gesundheit und Schaffenskraft für die Bewältigung ihrer Aufgaben. Mögen Sie dabei immer wohlwollende und ehrliche Unterstützer haben. Für unsere Stadt und Region wünsche ich vor allem ein friedliches Jahr und ein gedeihliches Miteinander.

Die gemeinsame Ausrichtung unseres Empfanges mit der Hochschule hat sich bewährt. Deshalb gilt mein erster Willkommensgruß dem Präsidenten unserer Hochschule und Mitgastgeber, Herrn Professor Wagner. Als Präsident der Fachhochschule haben Sie noch eingeladen, als Präsident einer Hochschule werden Sie uns heute begrüßen. Ich möchte Ihnen zu diesem neuen Titel ganz herzlich gratulieren. Er ist Ausdruck der wohlverdienten Leistungskraft Ihrer Einrichtung.

Ich freue mich, dass ich wie in jedem Jahr auch heute wieder wichtige Gäste willkommen heißen darf:
Eine Premiere gibt es in diesem Jahr: Erstmalig ist ein Ministerpräsident bei unserem Neujahrsempfang dabei. Ich bin mir ganz sicher, dass das überhaupt nichts mit dem Ereignis am 26. April in unserem Landkreis zu tun hat, sondern ausschließlich mit der gewachsenen Bedeutung der Stadt Nordhausen im Freistaat Thüringen. Was auch immer der Grund ist, wir betrachten Ihren Besuch hier als eine besondere Wertschätzung der Stadt Nordhausen. Wir freuen uns, dass Sie, sehr geehrter Herr Ramelow, hier sind und vielleicht die eine oder andere Bitte mit nach Erfurt nehmen und positiv begleiten. Dass Sie dazu auch Ihre rechte Hand, den Chef der Staatskanzlei mitgebracht haben, ist ein gutes Zeichen. Ich begrüße auch Sie, Herr Minister Hoff, ganz herzlich in der Rolandstadt.
Ebenso freue ich mich über die Anwesenheit von Frau Ministerin Keller. Sie wissen noch am besten, wo uns hier in Nordhausen der Schuh drückt. Wir zählen auf Sie im Kabinett in Erfurt.

Ich heiße die Landtagsabgeordneten und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Frau Mitteldorf und Herrn Primas herzlich willkommen.
Ich begrüße ganz herzlich die amtierende Landrätin, Frau Krauth, die Landrätin des Kyffhäuserkreises, Frau Hochwind und den Landrat des Eichsfeldkreises, Herrn Dr. Henning. Ich finde, das ist eine gute Landkreiskombination.

Ich freue mich besonders, dass die Kollegen Oberbürgermeister Dr. Junk aus Goslar, Herr Gaffert aus Wernigerode und Herr Poschmann aus Sangerhausen hier sind. Uns eint eine Vision: Die Marke „Harz“ ist ein bekanntes Label, von dem die Harzregion insgesamt mehr profitieren kann und muss. Daher sollten wir in Zukunft noch enger länderübergreifend zusammenarbeiten. Die Voraussetzungen dazu müssen die jeweiligen Landesregierungen durch dreiseitige Staatsverträge zwischen Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen schaffen.

Ich begrüße meine Kollegen Bürgermeister aus den Nachbargemeinden, Herrn Kreyer aus Sondershausen, Herrn Klante aus der Gemeinde Harztor, Herrn Schröter aus Heringen und Herrn Weidt aus Werther.
Ich heiße ganz herzlich willkommen die Vertreter der Judikative, die Gerichtsdirektoren Herrn Igla vom Amtsgericht, Herrn Fuchs vom Sozialgericht und Herrn Marx vom Arbeitsgericht.
Ich freue mich, dass unsere Stadträte hier sind und viele Mitglieder aus kommunalen Gebietskörperschaften, die Ortsteilbürgermeister der Stadt, die Dezernenten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt und der städtischen Betriebe.
Ich begrüße die Professorinnen und Professoren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschule sowie alle Vertreter aus Gesellschaft, Politik und den Medien.
In ganz besonderer Weise möchte ich unseren Ehrenbürger, Herrn Helmut Zinke, in unserer Mitte willkommen heißen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

wohl kaum eine Veranstaltung in den letzten Tagen geht vorbei, ohne dass nicht auch der Terroranschläge gegen die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ und an den Mord in einem jüdischen Supermarkt am 7. Januar in Paris erinnert wird. Zwölf Menschen wurden von feigen Tätern ermordet.

Diese Barbarei trifft unser Nachbarland bis ins Mark. Aber das hätte genauso auch bei uns sein können. Denn Terroranschläge wie diese sind nicht zu verhindern. In Frankreich nicht und auch nicht in Deutschland. Es ist nicht der Islam, der hier sichtbar wird. Es sind Fundamentalisten. Sie haben uns den Krieg erklärt, weil sie unsere Kultur, unsere Bücher und unsere Demokratie hassen. Sie wollen kein Recht und keine Freiheit der Gedanken.

Wir müssen begreifen, dass wir alle gemeint sind. Deshalb sage auch ich: „Je suis Charlie“. Auch wir wollen der Opfer gedenken und unseren Protest gegen den menschenverachtenden Terror ausdrücken.
Wir haben daher eine Kondolenzliste ausgelegt. Sie können sich eintragen, um damit dem weltweiten millionenfachen Protest auch aus Nordhausen eine Stimme zu geben. Weitere Listen werden in den kommenden Tagen an verschiedenen Orten in der Stadt ausliegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
das Beste, was wir in dieser Situation tun können, ist, dass wir unserem täglichen Leben weiter nachgehen. Unsere Botschaft muss lauten: Wir lassen uns nicht einschüchtern.

Deshalb will ich nun mit einer freudigen Nachricht fortsetzen. Es ist das wohl größte Kompliment, das Menschen ihrer Heimatstadt machen können: Der Trend zu mehr Geburten in Nordhausen setzte sich auch im Jahr 2014 fort. Es waren noch einmal 36 kleine Nordhäuserinnen und Nordhäuser mehr, die im Vergleich zum Vorjahr auf die Welt gekommen sind. Und Nordhausen ist auch insgesamt gewachsen: Es fehlen nur noch fünf Einwohner, dann sind wir genau 42.000 Nordhäuser. Also, meine Damen und Herren und mögliche Elternpaare, strengen Sie sich an. Das müsste doch zu schaffen sein. Wir verdanken den Bevölkerungsanstieg insgesamt einem Zuwachs um 156 Einwohnerinnen und Einwohner im Vergleich zum Jahr 2013. Das ist schön und das ist ein ermutigendes Zeichen. Ich freue mich darüber besonders!

Es gibt aber auch andere Gründe, sich zu freuen. Denn wir haben das Jahr 2014 gut genutzt. Allem voran ist das ehrenamtliche Engagement weiter gestiegen. Initiativen wurden fortgesetzt wie die Spendensammlung für unseren Rosengartenbrunnen durch den Lionsclub. Der Park Hohenrode wird Stück für Stück schöner, um nur einige beim Namen zu nennen.
Die vielen anderen Vereine, die unser sportliches, kulturelles und soziales Zusammenleben bereichern, sind hier zu erwähnen. Erst vor zwei Tagen haben wir hier in diesem Saal den Deutschen Meister in der Amateur-Bundesliga, unsere NSV-Boxmannschaft, gefeiert. Es ist nicht München, nicht Hamburg oder Berlin, die Bundesmeister im Boxen geworden sind. Nein, es ist Nordhausen! Das ist phänomenal.
Auch Wacker Nordhausen spielt sich in der Fußball-Regionalliga von Sieg zu Sieg. Der THC feierte in Nordhausen bedeutende Siege. Die Stadt hat sich im Jahr 2014 dafür erheblich finanziell engagiert.

Neue Initiativen sind hinzugekommen. Gemeinsam in und mit unserer „Flohburg“ ist eine beachtenswerte Initiative von Menschen aus der Altstadt gewachsen. Mit bunten Stühlen, Rosenstöcken vor den altehrwürdigen Häusern und dem „Feininger-Blick“ auf die St. Blasii Kirche machten sie auf sich aufmerksam. Mit einem eigenen Fest soll in diesem Jahr unsere Kultur bereichert werden.

Alle Vereine prägen unsere Stadt und unser Gemeinwohl. Ihnen allen möchte ich von dieser Stelle aus ganz herzlich danken.

Auch sonst regt und bewegt es sich an vielen Stellen in der Altstadt. Sie ist quasi aus dem Winterschlaf erwacht. Sichtbarstes Zeichen ist die Eröffnung unseres neuen Einkaufszentrums im Herzen der Stadt. Das Tor zur Altstadt und unser Zentrum nehmen Gestalt an. Das Bürgerhaus mit der neuen Bibliothek erlebt einen Ansturm vor allem durch junge Leute. Sie waren es auch, die mit einer Riesen-Bücherkette und viel Spaß die letzte Etappe des Umzugs von der Wilhelm-Nebelung-Straße in das Bürgerhaus abgeschlossen haben.

Und die Altstadt mausert sich weiter. Allein drei Vorhaben sind im vorigen Jahr zu Ende gegangen. Vier weitere wurden begonnen. Und in diesem Jahr werden mindestens zwei neue in Angriff genommen: Der Umbau der prächtigen Alten Post zu einem Wohnhaus und die Umgestaltung der Brache in der Georgengasse.
Allen Investoren, die in unserer Stadt Akzente setzen und sich zum Wohle Nordhausens engagieren, danke ich besonders herzlich.

Meine Sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Ministerpräsident Ramelow,

an dieser Stelle ist es notwendig, dass ich auch etwas zu den Finanzen der Stadt sage. Keine Angst. Es wird kein finanzpolitischer Vortrag. Aber angesichts der hohen Regierungsdelegation aus Erfurt will ich auf wenige Stellschrauben hinweisen, die uns in eine finanzpolitische Krise stürzen. Ein Minimum an Zahlen müssen Sie also ertragen. Die Situation ist nicht nur äußerst angespannt, sondern aus gegenwärtiger Sicht ohne die Hilfe des Landes nicht lösbar.

Die Stadt hat einen Etat von ca. 75 Mio. €. Die Deckungslücke beträgt dabei ca. 11,5 Mio. € ohne Investitionen. Mit dem dringendsten jährlichen Investitionsbedarf brauchen wir mindestens weitere 8,5 Mio. €, also etwas mehr als 10 %. Das sind Projekte wie u. a. die Feuerwache, der Albert-Kuntz-Sportpark und andere Sportstätten, ein Minimum an Infrastruktur und Erschließungen in Straßen (wir haben Brücken teilweise sperren müssen), Kindertageseinrichtungen usw. Damit beträgt die Deckungslücke ca. 20 Mio. €. Das Theater, das in zwei Jahren 100 Jahre alt wird, ist hierbei noch gar nicht mit gerechnet.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wenn ich das auf den Freistaat Thüringen übertrage, hieße das: Bei dem ca. 9 Mrd. € Etat fehlten Ihnen jährlich ca. 2,4 Mrd. € mit Investitionen oder 1,38 Mrd. € ohne irgendeine Investition. Eine solche Neuverschuldungsquote könnte sich selbst der Freistaat Thüringen nicht leisten. Mir würde eine Kreditaufnahme von der Kommunalaufsicht gar nicht genehmigt – zu Recht, meine ich!
Welche Faktoren haben uns in diese Situation gebracht? Hauptgrund ist die Doppik. Ohne Abschreibungen und Rückstellungen wie in der Kameralistik, wäre unser Defizit nur noch 2,8 Mio. €. Wenn uns wegen der optimistischen Steuerprognose des Freistaates nicht weitere 2 Mio. € gestrichen worden wären, würde das Defizit nur noch 800 T€ betragen. Und wenn nicht der Landkreis aus eben denselben Gründen ca. 1 Mio. € mehr Kreisumlage von uns bekäme, dann wären wir bereits mit 200 T€ im Plus. Weitere Punkte könnte ich nennen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Ramelow, nehmen Sie die Stadt Nordhausen zur „Modellstadt“ für den geplanten neuen Kommunalen Finanzausgleich! Machen Sie Nordhausen zum „Lackmustest“ Ihres KFA. Ich biete meine Hilfe gern an. Wir machen auch unsere Hausaufgaben! Aber ohne die Hilfe des Landes ist das nicht zu schultern. Es kämen auf unsere Stadt Nordhausen unzumutbare drastische Maßnahmen zu.
Wie auch immer, eine Konsolidierung der Finanzen müssen wir schultern. Am Ende, in drei bis vier Jahren, muss eine gesunde und kräftige Stadt Nordhausen stehen. Sie soll weiterhin das wichtigste und kräftigste Zentrum im Norden Thüringens sein.

Meine Damen und Herren, trotz aller Finanzzwänge will ich noch einige Anmerkungen zu unserem Theater machen. Das Nordhäuser Theater muss erhalten bleiben wie es ist, als eigenproduzierendes Mehrspartentheater! Die Finanzierung unseres Theaters durch die kommunalen Gesellschafter und durch den Freistaat Thüringen als größtem Geldgeber bleibt eine der wichtigsten Herausforderungen. In diesem Jahr müssen wir dazu mit den Verhandlungen beginnen, damit 2016 der Finanzierungsvertrag für die einzige Nordthüringer Bühne beschlossen werden kann. Im Jahre 2017 begehen wir das hundertjährige Theaterjubiläum. Ein Theater, das im Krieg bei knappen Kassen eröffnet wurde, sollte doch in Friedenszeiten erhalten bleiben. Der Investitionsbedarf in Teilen des Hauses nach 100 Jahren ist enorm. Dazu bedarf es auch der finanziellen Unterstützung des Landes.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

es gibt einen zweiten wichtigen aktuellen Punkt, bei dem wir die Hilfe des Landes dringend ganz konkret benötigen! Es geht um die Sicherung der europaweit einmaligen Gipskarstlandschaft „Rüdigsdorfer Schweiz“.
Wir werden unserer Verantwortung gegenüber der Volkswirtschaft gerecht, indem wir bereits viele Abbaugebiete vorhalten. Neuaufschlüsse sind gegenwärtig nicht nötig. Es ist uns 2014 gelungen, Neuverritzungen zu verhindern. Die Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichtes war für uns ein wichtiges Signal. Mit dem Ankauf von Flächen könnten wir das landschaftliche Kleinod vor weiteren Zugriffen schützen. Ohne Haushalt ist das jedoch unlösbar. Die Zeit läuft uns aber davon. Wir sollten dieses Problem kurzfristig gemeinsam lösen.

Zum Abschluss möchte ich auf ein wichtiges Ereignis hinweisen, welches wir in diesem Jahr begehen: Den 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers „Mittelbau – Dora“.
Professor Knigge sagte: „Wir erwarten zum 11. April noch einmal rund 150 Überlebende mit ihren Angehörigen und Begleitern. Es wird ein Abschiednehmen von den Kindern von Buchenwald und Dora sein, die alle hochbetagt sind.“
Wir wollen diesen Tag gut vorbereiten und gemeinsam mit den Überlebenden würdevoll begehen. Viele von ihnen und ihre toten Kameraden haben in der Hölle gesessen, weil Sie für das eingetreten sind, was uns heute so selbstverständlich erscheint: Frieden, eine freie und soziale Gesellschaft, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Auch im Hinblick auf die aktuellen Ereignisse in Frankreich sind wir alle aufgerufen, gerade diese Werte zu schützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

bei Neujahrsempfängen handelt man sich immer den Vorwurf ein, dieses oder jenes nicht angesprochen zu haben. Eine solche alles umfassende Rede müsste mindestens eine Stunde dauern. Viele Fragen können nur mit der Lösung des einen Themas „Haushalt“ geklärt werden. Bei allem, was wir tun, dürfen wir nicht vergessen: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge“.
Nehmen auch Sie dies als stabilen Wegweiser durch Ihr Leben. Ihnen allen ein gutes Jahr und eine gesegnete Zeit."

Fotos: Patrick Grabe, Pressestelle Stadt Nordhausen
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