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Bildergalerie zur Vernissage: "Ilsetraut Glock - Ein Leben für die Kunst"

Montag, 20. April 2015, 11:00 Uhr
Nordhausen (psv) Anlässlich des 100. Geburtstages von Künstlerin, Kunstsammlerin, Kunstmäzenin und Ehrenbürgerin der Stadt Nordhausen Ilsetraut Glock, wurde jetzt die Sonderausstellung „Ein Leben für die Kunst“ im Kunsthaus Meyenburg eröffnet. Hier finden Sie eine kleine Bildergalerie der Vernissage sowie die Laudatio von Kunsthausleiterin Susanne Hinsching:

"Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich freue mich sehr, sie zu der heutigen Vernissage im Kunsthaus Meyenburg begrüßen zu dürfen. Eine Ausstellung zum 100. Geburtstag einer Künstlerin zu präsentieren, die man dazu auch noch persönlich gut gekannt und geschätzt hat und die auch meine Zeit im Kunsthaus Meyenburg seit 2002 intensiv mitgeprägt hat, ist schon eine besondere Herausforderung. Ilsetraut Glock war aber auch eine ganz besondere Frau.

In ihren fast 98 Lebensjahren hat die in Nordhausen am 8. April 1915 als Ilsetraut Grabe geborene Künstlerin, sowohl die Kunst in ihrer seit 1950 gewählten Heimatstadt Bonn als auch ihrer Geburtsstadt Nordhausen maßgeblich mitbestimmt.

Nach ihrem Abitur hatte Ilsetraut den ersten Kontakt zur Kunst durch die Nordhäuser Malerin Maria Schmidt-Franken. Von 1935 – 37 studierte sie Malerei und Grafik bei Prof. Wöhler in Hannover, anschließend an der Werkkunstschule Hildesheim. Kurz nach der Aufnahme an die Kunsthochschule Berlin brach der II. Weltkrieg ihre Ausbildung leider ab. 1941 heiratete sie ihren Mann, mit dem sie 63 Jahre glücklich zusammenlebte und übersiedelte kurzeitig nach Berlin.

Ihre Tätigkeit als Bühnenbildnerin am Stadttheater Nordhausen von 1947 bis 1948 brachte ihr eine besondere Freundschaft mit dem Künstler Hann Trier und eine Begegnung mit Rudolf Hagelstange, sondern legte auch die Wurzeln für ihr weiteres künstlerisches Schaffen. 1950 zog Ilsetraut Glock als freischaffende Künstlerin nach Bonn.

Ilsetraut Glock lebte und arbeitete über 6 Jahrzehnte in Alfter-Oedekoven bei Bonn und zählt heute zu den bedeutendsten Rheinischen Künstlern. Auszeichnungen und Kunstpreise, wie die August-Macke-Medaille der Stadt Bonn 1991 oder "Werkwechsel 2" , der Katalogpreis der Bundes-Gedok 1991 und die Ehrenmitgliedschaft der Gedok Bonn 2000 würdigten ihr künstlerisches Schaffen. Ihre Werke sind u.a. im Rheinischen Landesmuseum und dem Kunstmuseum Bonn vertreten. Auch an der Jubiläumsausstellung der Bonner Künstlerinnen-Gemeinschaft anlässlich des 60 jährigen Jubiläums 2012 war Ilsetraut Glock mit einem Werk vertreten, eine Tatsache, auf die sie sehr stolz war.

In Verbindung mit der 1998 gegründeten Ilsetraut Glock-Grabe Stiftung kamen Werke aus allen Schaffensphasen der Künstlerin ins Kunsthaus Meyenburg nach Nordhausen. Ihre letzte Schenkung erfolgte im Juli 2012 mit ihrem malerischen Spätwerk, eine 6-teilige Arbeit mit dem Titel: „Erinnerungen an den Hades“, das Sie im Obergeschoss sehen.

Mit der Gründung dieser Stiftung verband Ilsetraut vor allem die Intention, die Kunst und Kultur ihrer Heimatstadt zu fördern. Als gute Künstlerin erkannte sie auch das Talent anderer Künstler frühzeitig und vor allem deren ansteigende künstlerische Bedeutung, wie z.B. von Max Ernst oder Horst Janssen. Ein Grund dafür, dass sie in vielen Jahrzehnten Sammlungstätigkeit eine faszinierende Kunstsammlung zusammengetragen hat, die die bekanntesten Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts in Europa beinhaltet.

Einen Großteil der Sammlung, mit über 650 Kunstwerken, hat sie in den letzten 14 Jahren der Stadt Nordhausen geschenkt, dazu gehören Werke so namhafter Künstler wie Henri Matisse, Joan Miró, Otto Pankok, Ernst Barlach, Hundertwasser oder Horst Janssen. Hinzu kommen Werke von HAP Grieshaber, Hansen-Bahia sowie Emil Schumacher oder Josef Faßbender, mit denen sie auch eine persönliche Freundschaft verband, nicht zuletzt durch die gemeinsamen Erlebnisse und die stimulierende Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit in der Kunst.

Durch die beeindruckende Glock’sche Kunstsammlung wurden und wird das Kunsthaus Meyenburg in die Lage versetzt, weit über die Stadt- oder Kreisgrenzen hinaus zu wirken.
Eine besondere Eigenschaft, die Ilsetraut Glock auszeichnete, war neben ihrem uneingeschränkten Engagement für die Kunst, auch ihre Fähigkeit, Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen – Musik, Literatur, Theater, Journalismus und Kunst - zusammenzubringen und damit genreübergreifende Ideen zu entwickeln und auch zu verwirklichen. Selbst in ihrer letzten Lebensstation – dem Maria-von-Soden-Heim in Bonn – zeigte Ilsetraut Glock noch reges Interesse an der Kunstwelt und hatte so viele fertige und unfertige Bilder in ihrem Kopf, wie sie mir noch bei meinem letzten Besuch im November 2012 freudig erzählte.

Das Œuvre von Ilsetraut Glock ist breitgefächert und verweist auf ein „suggestiv wirksames Kräftespiel, zwischen gegenständlichen Rückbezügen, abstrahierenden Formgebungen und metaphorischem Sinngehalt“ (Christina zu Mecklenburg). Ihre Arbeiten, sowohl in Grafik als auch Malerei, zeigen eine dem Wandel und der Relativität entsprechende Formen- und Farbensprache, welche die zum Teil magische Wirkung ihrer Werke erklärt.

Die Werke von Ilsetraut Glock verdeutlichen auch die Freude der Künstlerin am Experiment.
Stilistisch lässt sich Ilsetraut Glock nicht in eine kunsthistorische „Schublade“ einordnen, sondern sie war in ihrem langen Schaffen stets auf der Suche nach ihrem eigenen künstlerischen Weg.

Ilsetraut Glock hat sich mit ihrem intuitiv vorausspürenden Sensus intensiv mit den realen und rationalen Gegebenheiten der Welt auseinandergesetzt und daraus Motive geschaffen, die die Besonderheiten aber auch die Faszination der dargestellten Landschaft zeigen. Sei es im heimischen Garten oder in fernen Bergwelten. In ihren Landschaften geht es der Künstlerin aber nicht um die reine Darstellung der Natur, sondern sie zeigt Landschaften des Lebens, in denen die Künstlerin das menschliche Schicksal ergründet. Auch in diesen Arbeiten spielt ihre außerordentliche Phantasie eine große Rolle. So tauchen UFO‘s auf ihren farbintensiven Aquatinta-Radierungen über dem Fujijama auf oder ihre collagenhaften „Fische“ schwimmen durch Raum und Zeit.

Ihr Synonym als Künstlerin war die Eule, deren rabenhafte Konturen sie mit den unterschiedlichsten Charaktereigenschaften versehen hat und die stets ein Spiegel ihrer Seele war. So bestehen „Der Künstler“ oder „Musentochter“ aus einem stilisiertem Kopf mit Applikationen aus verschiedenen Eulenmotiven. Diese Arbeiten zeigen durch die Verbindung verschiedener grafischer Techniken – von Tuschezeichnung und Aquatinta bis zur Collage – die außergewöhnlichen künstlerischen Fähigkeiten von Ilsetraut Glock.

Die Arbeit in grafischen Zyklen und damit die intensive Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema war für Ilsetraut Glock eine besondere Intension. Dabei schuf sie häufig Variationen des einzelnen Motivs in verschiedenen Farbnuancen, wie z.B. bei der Reihe „Zeit ohne Zeit“ oder „Geburt eines Traumes“. Themen – wie Traum und Zeit – spielen sowieso eine große Rolle im Œuvre von Ilsetraut Glock. Das Motiv der Uhr inspirierte sie zu zahlreichen Arbeiten.

Marcel Proust’s Werk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ regte die Künstlerin zu einem umfangreichen Zyklus aus 12 Blättern an, zu dem aber insgesamt 74 Farbradierungen gehören. Diese Arbeiten, die 1974 ihren künstlerischen Erfolg begründeten, zeigen eine besonders poetische und melancholische Grundstimmung in den durch ein filigranes Liniengeflecht und eine sehr dezente Farbigkeit geprägten Blättern. Mit dem Schriftsteller Marcel Proust verband die Künstlerin eine besondere Seelenverwandtschaft, die auf einem ständigen Bewegen zwischen Bewusstem und Unbewusstem beruhte.

In vielen Arbeiten setzte sich Ilsetraut Glock mit der Geschichte auseinander, sowohl mit den eigenen Erlebnissen zweier Weltkriege, als auch der Angst vor erneutem Krieg oder den Nachwirkungen von Krankheit und Lebenskrisen. Diese spielen besonders in ihrem expressiven malerischen Œuvre eine große Rolle. Mit intensiven Farben – vom kräftigen Rot bis zum tiefen Schwarz – und mit einem kraftvollen Pinselstrich stellte sie die Schrecken der Hölle und die Aufruhr der Engel dar. In „Erinnerungen an den Hades“ von 1999 verarbeitet die Künstlerin einen Krankenhaus-Aufenthalt in einem beeindruckenden mehrteiligen Acryl-Bild.

Inspirationen aus der antiken Literatur führten die Grafikerin zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der griechischen Mythologie. Ihre bevorzugte grafische Technik war die Aquatinta-Radierung, wobei ihre Auflagen stets klein waren. Häufig sind ihre Grafiken sogar Unikate. Die Verbindung ihrer Bilderwelt zur Literatur zeigt sich sowohl in den poetischen Bildtiteln als auch in den gewählten Themen, die häufig von der Bühnenliteratur angeregt wurden. Ausgangspunkt dafür war ihre Tätigkeit als Bühnenbildnerin am Theater Nordhausen Ende der 1940er Jahre. Wichtige Stoffe waren „Die Nibelungen“ und „Die Stühle“. Aber auch einzelne Schriftsteller inspirierten die Künstlerin, beispielsweise E.A. Poe oder H.C. Artmann, mit dem sie auch eine besondere Freundschaft verband.

Die Ausstellung, die wir Ihnen heute präsentieren zeigt einen Einblick in das langjährige künstlerische Schaffen von Ilsetraut Glock. Die Ausstellungskonzeption sieht eine thematische Ordnung der Ausstellungsräume nach einzelnen Motiven vor: so gibt es z.B. ZEIT; LANDSCHAFT; FLORA UND FAUNA; MYTHOS; ENGEL und natürlich POESIE. Da wir im vergangenen Jahr in der Ausstellung „Die Kunst ist weiblich“ ausschließlich das malerische Oeuvre von Ilsetraut gezeigt haben, sollen in dieser Ausstellung die grafischen Arbeiten im Mittelpunkt stehen.

Ein Lieblingszitat von Ilsetraut Glock, dem sie auch eine Arbeit gewidmet hat war:

„Das – was ich in die Welt gesetzt – hockt da und irritiert mich jetzt.“
(Ilsetraut Glock)

Sie können jetzt selbst entschieden, ob sie sich von der Kunst von Ilsetraut Glock irritieren oder faszinieren lassen wollen. Mich faszinieren diese Arbeiten jedenfalls immer wieder aufs Neue.

Bevor Sie jetzt aber den Werken von Ilsetraut Glock widmen, darf ich Ihnen noch einen besonderen künstlerischen Beitrag ankündigen. Um den Kreis zu schließen – wie Herr Ludwig Glock vor hin so schön sagte – präsentieren wir Ihnen heute einen Beitrag vom Jungen Theater Nordhausen und zwar mit dem Ausschnitt aus der aktuellen Tanzproduktion „Shades of Colours“.

Farben haben auch die Tänzerinnen und Tänzer des Ballettensembles des Jungen Theaters Nordhausen zu diesem Ballett inspiriert. Unter der Leitung von Daniela Zinner ist ein Stück entstanden, in dem die Jugendlichen ihre eigenen Empfindungen zu den Farben Weiß, Grün, Rot und … in tänzerische Bewegungen umsetzen. Da Ilsetraut eine besondere Vorliebe für die Farbe Rot hatte – wie Sie an vielen Werken sehen werden – habe wir für Sie heute den Ausschnitt zur Farbe „Rot“ gewählt.

Da die Tänzer jedoch etwas mehr Platz brauchen, bitte ich Sie jetzt, sich um das Foyer zu gruppieren. Freuen Sie sich jetzt auf einen Ausschnitt aus „Shades of Colours“ mit dem Jungen Theater Nordhausen."
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