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Neujahrsempfang von Stadt und Hochschule Nordhausen: Ansprache des Oberbürgermeisters

Montag, 23. Januar 2017, 08:45 Uhr
Neujahrsempfang (Foto: Patrick Grabe, Pressestelle Stadt Nordhausen) Neujahrsempfang (Foto: Patrick Grabe, Pressestelle Stadt Nordhausen)
Neujahrsempfang im Bürgersaal  (Foto: Patrick Grabe, Pressestelle Stadt Nordhausen) Neujahrsempfang im Bürgersaal (Foto: Patrick Grabe, Pressestelle Stadt Nordhausen)
Gestern Abend hatten die Stadtverwaltung und die Hochschule Nordhausen zum gemeinsamen Neujahrsempfang ins Bürgerhaus geladen. Mehr als 200 Gäste waren gekommen. Hier die Ansprache des Oberbürgermeisters:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

zum Neujahrsempfang von Hochschule und Stadt Nordhausen begrüße ich Sie sehr herzlich in unserem Bürgersaal. Möge das vor uns liegende Jahr ein für unsere Stadt und unser Land erfolgreiches sein, für die Menschen ein gesundes und vor allem friedliches.

Einen möchte ich heute Abend ganz besonders unter uns begrüßen. Sprengmeister Andreas West von der Firma Tauber Delaborierung.

Sie, Herr West, haben gemeinsam mit Ihren Kollegen in diesem Jahr Nordhausen zweimal vor schlimmeren bewahrt: Mit der Sprengung eines Blindgängers bei Leimbach und der Entschärfung einer Bombe am Strohmühlenweg. In beiden Fällen hielt unsere Stadt den Atem an, die Vergangenheit war wieder präsent.

Ich weiß, sehr geehrter Herr West, dass Sie das große Rampenlicht nicht mögen. Doch Sie stehen für all die anderen, die in unserer Stadt Tag für Tag und oft unauffällig ihren Dienst für das Gemeinwesen leisten. Ob mehr oder weniger gut bezahlt als Altenpfleger oder Krankenschwester bzw. völlig im Ehrenamt wie unsere Kameraden bei den Freiwilligen Feuerwehren oder in den Vereinen und Verbänden. Haben Sie vielen Dank dafür!

Sehr geehrte Damen und Herren,

Am Jahresanfang las ich auf einem Kalenderblatt in Anlehnung an Forrest Gump: „Ein neues Jahr ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiß nie genau, was man kriegt.“
Vielleicht kriegen wir, was in einer Schlagzeile dieser Woche vorausgesagt wurde: „Das Ende des Kleingeldes naht!“. Eine entsprechende Kreditkarte wurde vorgestellt. Ob das in Deutschland wohl durchsetzbar ist? Man weiß ja eben nie genau, was man kriegt.

Einiges wissen wir für 2017 sicher: Der Mindestlohn wird von 8,50 Euro auf 8,84 Euro je Stunde angehoben. Die Flexi-Rente kommt. Wer länger arbeiten will, kann damit seinen Rentenanspruch erhöhen. Der Hartz-IV-Regelsatz wird um 5,00 Euro pro Monat angehoben. Und worauf wir alle schon sehr gewartet haben: Die Energieeffizienz von Dunstabzugshauben wird neu geregelt.

Was wir nicht genau wissen: Was kommt nach der morgigen Vereidigung des neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump auf uns zu? Auch Nordhäuser Firmen treiben intensiven Handel mit Firmen aus den USA. Kommt nun ein Handelskrieg? Ein Glück, dass die Firma ‚Feuer-Powertrain‘ so weitsichtig war und das neue Werk in den USA und nicht in Mexiko errichtet hat. Sonst wären evtl. 35 % Strafzölle auf Kurbelwellen fällig. Vor Überraschungen mit dem neuen Präsidenten sind wir nicht sicher.

Vor Überraschungen nicht sicher waren auch mehrere Firmen in der Region Nordhausen am Anfang des Jahres. In einem raffiniert angelegten Täuschungsmanöver, dem sogenannten ‚CEO-Fraud‘ oder ‚Chef-E-Mailing‘, wurden Betriebe zur Überweisung nicht unerheblicher Geldbeträgen veranlasst. Auch die EVN war davon mit 926.000 Euro betroffen. Das überwiesene Geld ist mittlerweile beschlagnahmt und vor dem Zugriff der Betrüger sicher. Es wird wohl noch eine längere Zeit dauern, bis es wieder nach Nordhausen transferiert werden kann. Danken möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich der Kreissparkasse Nordhausen und auch der Kriminalpolizei. Sie haben so schnell und professionell reagiert, dass die Sperrung des Kontos in Warschau noch rechtzeitig veranlasst werden konnte.

Sage keiner hier im Saal, dass das ihm nicht passiert wäre. Nach Informationen des LKA haben einige unserer Firmen ihre Internetportale noch offen wie Scheunentore. Viele gehen zu leichtfertig mit diesen Dingen um. Das LKA ist hier ein kompetenter Ansprechpartner und bietet Beratungsleistungen an, die man annehmen sollte.

Bei der EVN hat nicht das IT-System versagt. Die EVN ist weiterhin ein gut aufgestelltes, leistungsfähiges Unternehmen, das nach wie vor und zu Recht das Vertrauen seiner Kunden verdient. Durch sogenanntes „Social Engineering“ wurden offenbar Mail-Adressen, Erreichbarkeiten, Funktionen, Tätigkeiten und persönliche Details der Kollegen ausspioniert.
Seien Sie also alle vorsichtig bei der Preisgabe ihrer persönlichen Daten im Internet und den sogenannten sozialen Netzwerken. Private E-Mails sind für Hacker offen wie Postkarten aus dem Urlaub.

Bei allen Schwierigkeiten - Es gibt auch Grund zum Optimismus: Die Zahl der Arbeitslosen in der Stadt Nordhausen ist 2016 im Jahresvergleich zu 2015 um 278 Personen gesunken. Besonders freut mich die überdurchschnittlich gesunkene Quote arbeitsloser Frauen. Auch die Zahl der Jugendlichen ohne Arbeit ist überproportional gesunken.
Diese gute Entwicklung verdanken wir Ihnen, den Vertretern der Nordhäuser Unternehmerschaft und Ihren Mitarbeitern. Unsere Nordhäuser Wirtschaft ist mit einer großen Branchenvielfalt robust aufgestellt. Damit sind wir weniger krisenanfällig. Ein gesicherter Arbeitsplatz ist die beste soziale Sicherung für die Menschen.

Die gute Wirtschaft in Nordhausen wird auch durch die Steuerkraft unserer Unternehmen sichtbar. Sie liegt 40 Euro über dem Thüringer Durchschnitt von ca. 600 Euro je Einwohner. Das kommt auch der Stadt zugute. Dies liegt nicht nur an den etwas höheren Steuersätzen, die wir auf Veranlassung der Landesregierung erheben müssen. Es spiegelt die Leistungskraft unserer Unternehmen. Das trifft auch auf unsere Stadtwerke zu. Sie sind dank eines konsequenten Umstrukturierungsprozesses gut aufgestellt. Aus 27 Mio. Euro betrieblicher Wertschöpfung entstehen insgesamt 40 Mio. Euro Wertschöpfung in der Stadt pro Jahr. Sie tragen in dieser Stadt damit erheblich zu unserem Wohlstand bei. Also: Wo immer es geht, werden Sie Kunde bei unseren Stadtwerken. Sie profitieren doppelt davon.
Nachdem ich zu meinem Amtsantritt den ersten Spatenstich zur Erschließung des Industriegebietes machen konnte, wäre es nun mein Ziel, auch den ersten Spatenstich für eine Unternehmensansiedlung zu machen. Die Akquise von Unternehmen liegt wesentlich in der Hand der LEG. Die Stadt kann im Moment durch den weiteren Ausbau der weichen Standortfaktoren zur Steigerung der Attraktivität dazu beitragen. Wir werden in diesem Jahr die Zahl der Krippenplätze durch Ausbau weiter erhöhen. Ebenso wollen wir mehr hochwertiges Wohnungseigentum anbieten.
Ich werde auch in diesem Jahr an einem konsequenten Sparkurs festhalten. Es bleibt nun mal eine Binsenweisheit: Jeder kann nur so viel Geld ausgeben, wie er auch erwirtschaften kann. Auch bei niedrigen Kreditzinsen muss jeder Schulden-Euro wieder zurückgezahlt werden. Außerdem werden die Zinsen wieder steigen. Nach der Zinsbindungsfrist werden viele Kreditnehmer das schmerzlich erfahren. Wenn wir zurzeit jährlich ca. 3,5 Mio. Euro an die Banken zurückzahlen müssen, fehlt uns das in der Kasse. Wenn wir dieses Geld für anderes hätten, könnten wir die nötigen Eigenmittel für den Bau eines Stadions, einer Feuerwache und des Theaters locker aufbringen. Die niedrigen Zinsen sorgen übrigens gegenwärtig auch für explodierende Baupreise. Die höheren Baupreise relativieren die niedrigen Zinsen wieder. 40 Mio. Investitionskreditschulden am Anfang meiner Legislaturperiode werden wir am Jahresende auf 26 Mio. Euro gedrückt haben.

Die Zielmarke steht: wir wollen 2020 finanziell wieder auf eigenen Füßen stehen. Sonst wird uns das Land weiter am Goldenen Zügel führen und Vorschriften machen. Da gibt es noch Ideen von Kommunalaufsichten, zum Beispiel Anteile an kommunalen Unternehmen zu verkaufen wie dies beispielsweise in Gera geschehen musste. Eine Privatisierung kommunaler Betriebe ist mit mir nicht zu machen. Ich will, dass die Stadt ab 2021 endlich wieder mehr ‚wollen kann als müssen muss‘.

Trotz unserer Gesundungskur haben wir das vergangene Jahr für Investitionen besonders in Kindereinrichtungen genutzt. Begleitende Investitionen in der Altstadt, u. a. in der Schärfgasse, konnten ebenso gestemmt werden. Die Altstadt ist nun endgültig aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Dank der Caritas und finanzieller Beteiligung der Stadt verschwindet derzeit die größte und älteste Wunde unserer Altstadt – die Brache an der Bäckerstraße. Ich möchte an dieser Stelle allen Investoren danken, die sich hier einbringen.

Auch in diesem Jahr haben wir wieder über sieben Mio. Euro für Investitionen freigemacht. Wir investieren weiter in unsere Schulen, besonders in die Anschaffung neuer PC-Technik. In der Altstadt haben wir für die Erschließung der Rosengasse und die Bäckerstraße Finanzmittel zur Verfügung gestellt. Die zweite noch sichtbar große Wunde am Hagentor wird auch demnächst geschlossen. Wir sind guter Hoffnung, dass aus dem unansehnlichen Loch ein schmuckes Wohnhaus wird. Gemeinsam mit der SWG werden wir alle Vorbereitungen treffen, damit der Neubau der Feuerwehr im nächsten Jahr starten kann.
Die Ertüchtigung des Hartplatzes im Albert-Kuntz-Sportpark soll endlich beginnen. Für Spiel- und Sportplätze sind ebenso Mittel eingeplant wie für ein Programm zu Brückensanierungen. Wir fangen mit der Zorgebrücke in Bielen für 650 T€ an. Die Planung der Sanierung der Grimmelbrücke ist vorgesehen, damit wir 2018/19 das Projekt umsetzen. Für die Verbesserung von Gehwegen, Beleuchtung und Bushaltestellen sowie für die Beteiligung an Baumaßnahmen des Stadtentwässerungsbetriebes geben wir mehr als eine halbe Mio. Euro aus.
Mit dem Abschluss des Finanzierungsvertrags für das Theater für die kommenden fünf Jahre stellt die Stadt Nordhausen jährlich wieder knapp drei Millionen Euro zur Verfügung. Im 100. Jahr unseres Theaters wollen wir noch den Architektenwettbewerb für die Sanierung des Theaters auf den Weg bringen.

Ich will auch etwas zur Gebietsreform sagen: Ich bin grundsätzlich gegen eine Kreisgebietsreform, die nur gegenwärtige Bedürftigkeit, aber nicht künftige Stärke zum Maßstab von Fusionen macht. Der Zusammenschluss unseres Kreises mit dem Eichsfeld wäre daher der richtige Schritt. Die A38 ist die natürliche Lebensader geworden. Sie hat die beiden Kreise jetzt schon wesentlich näher gebracht. So würde die Wirtschaftsentwicklung eines gemeinsamen Kreises deutlich verbessert. Der Altkreis Sondershausen könnte durchaus noch dazu kommen. Einen Monsterkreis von Sömmerda bis Nordhausen zu schaffen, wäre ein fataler Fehler. Die Chance für einen starken Nordkreis in Thüringen würde so vergeben. Im Übrigen halte ich die immer wieder vorgetragene Ansicht für widersprüchlich, man müsse jetzt vor der Gebietsreform noch schnell und viel investieren, weil es dann nicht mehr so problemlos ginge? Ist die Gebietsreform also doch nicht so sinnvoll, wie uns verheißen wird?

Hinsichtlich der Gemeindegebietsreform freuen wir uns über jeden Ortszuwachs. Das würde die Stadt im Ringen um den Kreissitz stärken. Das würde auch unser Leben in der Stadt bunter machen. Die Ortsteile, die wir haben, sind ein Gewinn für unsere Stadt. In den letzten Jahren haben wir dort auch überproportional viel in die Infrastruktur investiert. Den Neubürgern versprechen wir, dass sie ihre Identität als Ort und ländlicher Raum behalten werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden eins zu eins übernommen. Das Vereinsleben werden wir so wie jetzt in Nordhausen großzügig unterstützen.

Apropos Kreissitz: Ich werde alle Kräfte mobilisieren, um der Stadt den Kreissitz zu erhalten. Nordhausen hat wegen seiner Leistungsfähigkeit die besten Voraussetzungen, diese Aufgabe umfassend zu bewältigen. Darin sind wir uns sicher parteiübergreifend einig. Unsere drei Landtagsabgeordneten der regierungstragenden Fraktionen LINKE-SPD-GRÜNE aus der Region haben es in der Hand, ob der Kreissitz hier bleibt oder nicht. Die Nordhäuser werden sehr genau darauf achten, ob die nordhäuser Abgeordneten einer Gebietsreform ohne den Kreissitz für Nordhausen ihre Zustimmung geben oder nicht.
Man weiß nie genau, was man kriegt? Doch, eines weiß ich ganz genau. Die Menschen in Nordhausen können zünftig feiern. Wir haben im kommenden Jahr viele gute Gründe zu feiern. Das werden wir nutzen. Denn, wie sagte schon Demokrit um 400 v.Chr.: „Ein Leben ohne Feste ist wie ein weiter Weg ohne Wirtshäuser“. Unsere Stadt feiert mit dem Rolandsfest ihren 1090. Geburtstag. Unser Theater wird am 29. September 100 Jahre alt. 2017 ist das Jahr des 500-jährigen Reformationsjubiläums. Viele mit viel Herzblut geplante Veranstaltungen für all diese Feste werden uns in diesem Jahr begleiten. Feste bringen unsere Menschen wieder näher zusammen. Lassen Sie uns daher diese Jubiläen zur Besinnung darauf nutzen, was uns diese Stadt schön und liebenswert macht.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich komme nun zum Schluss. Es wird wieder einige geben, die sagen, ich hätte dieses oder jenes Thema vergessen. Ich sage Ihnen: Ich habe nichts vergessen! Ich habe nur nicht alles angesprochen. Es gäbe aber wohl vieles anzusprechen. Es geht mir mehr darum, dass Sie heute untereinander viel ansprechen und sich austauschen. Denn wir sind eine Stadt mit starken Playern, mit starken Individuen und mit starkem Potential.

Seien Sie sich dabei immer bewusst: Wir werden nicht älter, sondern wir werden besser! In diesem Sinne sage ich: Auf geht’s, ich vertraue auf Sie, dass wir 2017 gemeinsam die Dinge anpacken, die anzupacken sind. Achten wir auf unsere Stadt und ihre Bewohner, besonders auf das Wohl unserer Familien und Kinder. Es lohnt sich!"
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