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Festakt für die Dora-Überlebenden im Theater: „Die erlösende Probe der einfachen Menschlichkeit haben nur wenige Deutsche bestanden.“

Mittwoch, 14. April 2010, 10:46 Uhr
Odette Christienne (Foto: Patrick Grabe, Pressestelle Stadt Nordhausen) Odette Christienne (Foto: Patrick Grabe, Pressestelle Stadt Nordhausen)
Odette Christienne. Foto: Patrick Grabe, Pressestelle Stadt Nordhausen

Nordhausen (psv) „Die erlösende Probe der einfachen Menschlichkeit haben in der NS-Diktatur nur wenige Deutsche bestanden.“ Das sagte Nordhausens Oberbürgermeisterin Barbara Rinke gestern Abend im Nordhäuser Theater bei einem Festakt für die überlebenden Häftlinge des KZ „Mittelbau-Dora“ anlässlich des 65. Jahrestages der Befreiung des Lagers.

„Seit über 65 Jahren lässt uns diese Erschütterung über das Geschehene nicht los. Sie verbindet uns zu einer Verantwortungsgemeinschaft. Bei Ihnen als ehemalige Häftlinge von Dora ist die Erschütterung der Teil ihres Lebens, der niemals wirklich vergangen ist. Neben einem ganz normalen Leben mit Familie, Freunden, Beruf und Hobby, gibt es für Sie die nicht endende Berufung: Die Wahrheit aussprechen und zur Versöhnung aufrufen, das ist Ihre Botschaft, mit der Sie uns die Hand ausstrecken und die weit in die Zukunft reicht“, sagte Frau Rinke weiter.

„Nur Versöhnte entkommen dem würgenden Zugriff der Vergangenheit. Sie können sich den Aufgaben der Gegenwart und Zukunft zuwenden. Sie, verehrte Überlebende, haben sich vor 65 Jahren auf diesen Versöhnungsweg gemacht. Das ist und bleibt Ihre ganz große Leistung, Ihr ganz großes Geschenk an uns Nachkommen. Dafür danken wir Ihnen“, sagte die Oberbürgermeisterin. Sie verwies zugleich darauf, dass man wachsam bleiben müsse angesichts aktueller Geschehnisse, denn „es gibt Menschen unter uns, Vereine und Parteien, die die historischen Fakten leugnen und noch immer oder schon wieder törichte Überlegenheitsgefühle pflegen, denn es gibt konkrete Ereignisse, denen wir entgegentreten müssen, so jüngst dem Anschlag auf eine Ausstellung der Gedenkstätte Mittelbau-Dora in der Staatsbibliothek Göttingen. Das macht uns zornig.“

Die Beigeordnete des Pariser Oberbürgermeisters, Odette Christienne, sagte in ihrer Ansprache, dass die Konzentrationslager und der dort vorgenommene millionenfache Mord „bis heute eine Hauptsorge des vereinten Europas ist“ und eines der „größten Geschichtsthemen der Welt.“ Die gewaltige Zahl der geschätzt mehr als 20.000 Opfer innerhalb der relativ wenigen Jahre der Existenz des KZ „Mittelbau-Dora“ habe gezeigt, „was die Hölle von Dora für die Häftlinge bedeutete.“ Das deutsche Volk habe es dennoch vermocht, sich auf den Boden der schrecklichen Fakten zu stellen, „das gilt insbesondere für die Jugend. Die wahrheitsgemäße Übermittlung der schmerzlichen Fakten ist nur möglich, wenn sich ein Land der schrecklichen Geschichte annimmt. Das ist besonders die Aufgabe der Führungseliten Und hier ist Deutschland Vorbild“, so die Politikerin.

Zum Umgang der Vereinigten Staaten mit dem Konzerntrationslager sagte Frau Christienne: „Es gab eine Art Doppeljustiz – entgegen dem Willen von Präsident Truman, der keinerlei Privilegien für die Täter der NS-Dikatur wollte -: Einige der Täter kamen sofort in Haft, für andere wurde eine Goldene Brücke gebaut. So begann noch vor dem offiziellen Kriegsende eine Art Jagd auf die Ingenieure und deren Wissen, die im Stollen die Vergeltungswaffen entworfen und konstruiert hatten. Dabei war von Braun später den Amerikanern genauso loyal gegenüber, wie er es zuvor den Nazis gegenüber war. Seine Übernahme in die Dienste der USA war eine schmerzhafte Pervertierung der Moral und ein Ausdruck von Zynismus.“
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