Gedenken 75 Jahre Zerstörung Nordhausens

Nordhausen im April 1945 (Foto: Stadtarchiv) Nordhausen im April 1945 (Foto: Stadtarchiv)

Hintergrund: Nordhausen im April 1945

  • Die Luftangriffe im April 1945 haben das Erscheinungsbild der über tausendjährigen Stadt massiv verändert.
  • Tausende BürgerInnen, Flüchtlinge, ZwangsarbeiterInnen und KZ-Häftlinge verloren an diesen zwei Tagen und in der Folge ihr Leben, Angehörige, Haus, Hab und Gut, viele erlitten schwere gesundheitliche Schäden.
  • Das historisch gewachsene Gesicht der frühneuzeitlichen Altstadt mit Kirchen, Klöstern, Schulen, Denkmälern, Amts- und markanten Privatgebäuden wurde unwiderruflich zerstört.
  • Nach dem Krieg hat die zentrale Stadtplanung, die Mitte der Stadt völlig neu strukturiert.
  • Die alten Straßenzüge sind verschwunden, die frühere Anpassung der Bebauung an die Landschaft der Stadtfläche ist durch Planierung und Beseitigung (z. B. Lesserstiege, Bahnhofstraße, Vor dem Vogel, Rautenstraße, Kornmarkt, Töpferstraße usw.) teilweise nicht mehr erkennbar.
  • Die Verlusterfahrung von 1945 prägt bis heute jeden historischen, zumal geschichtspolitischen Diskurs in der Stadt.

Rede des Oberbürgermeisters Kai Buchmann

Gedenken Zerstörung Nordhausens  (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen) Gedenken Zerstörung Nordhausens (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen) Rede von Oberbürgermeister Kai Buchmann anlässlich des 75. Jahrestages der Zerstörung der Stadt Nordhausen am 3. April 2020

Oberbürgermeister Kai Buchmann gedachte heute vor der Stele der Zerstörung der Stadt Nordhausen vor 75 Jahren. „Nie traf unsere Stadt ein so schwerer Schlag wie in diesen beiden Tagen im April vor 75 Jahren. Die Luftangriffe haben das Erscheinungsbild der über tausendjährigen Stadt massiv verändert. Tausende Bürgerinnen und Bürger, Flüchtlinge, Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge verloren an diesen zwei Tagen und in der Folge ihr Leben, Angehörige, Haus, Hab und Gut, viele erlitten schwere gesundheitliche Schäden,“ so Buchmann.

„Die Nordhäuserinnen und Nordhäuser, die Flüchtlinge, die Rückkehrer, alle Menschen, die in den Ruinen dieser, unserer Stadt „lebten“ - Sie alle haben diese Stadt nicht aufgeben. Sie alle haben in den Wirren nach der Zerstörung und dem totalen Zusammenbruch der Ordnung eines nicht gänzlich verloren: Mut und Zuversicht. Wenn wir als Nordhäuserinnen und Nordhäuser gemeinsam zusammenstehen und dabei solidarisch, mit Augenmaß und Rationalität, gesundem Menschenverstand und mit Mut sowie der notwendigen Zuversicht handeln, dann können wir auch die derzeitige Situation gemeinsam bewältigen,“ führt er weiter aus.

Die Rede finden Sie vollständig hier Rede des Oberbürgermeisters zum 75. Jahrestag der Zerstörung Nordhausens

Zeitzeugenbericht Dr. Manfred Schröter: Am 3./4. April 1945 in Nordhausen, vor 75 Jahren

Je länger der schreckliche, von den deutschen Nationalsozialisten provozierte II. Weltkrieg dauerte, desto größer wurde die Angst der Deutschen, also auch der Nordhäuser, vor seinem apokalyptischen Finale. Jeder hatte spätestens ab dem Beginn des Jahres 1945 begriffen, dass die schwere endgültige Niederlage Deutschlands kurz bevorstand, und alle fürchteten, dass sich in den letzten Gefechten der fanatischen Nazis auch hier in unserem mitteldeutschen Raum große Gefahren für Leib, Leben und Eigentum der Einheimischen ergeben könnten.
Dr. Manfred Schröter, Bürgermeister a.D. (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen) Dr. Manfred Schröter, Bürgermeister a.D. (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen)
Schwere Sorgen belasteten also die Familien in dieser Zeit um Ostern 1945. Die meisten der Väter und Söhne mussten schon seit Jahren Soldat sein, viele von ihnen waren bereits gefallen, vermisst, verwundet oder in Kriegsgefangenschaft geraten. Auf den Schultern der Frauen und Mütter in der Heimat lagen zusätzliche Pflichten wie Dienst in Rüstungsbetrieben oder Lazaretten neben den täglichen Mühen um die Beschaffung der überlebenswichtigen Dinge. Lebensmittel, Kleidung und Heizmaterial gab es lange schon nur noch auf Marken, auf Zuteilung oder Bezugscheine. Sie waren sie knapp, doch hungerte bis Ostern 1945 in unserer Stadt noch keiner (hier ist der Hinweis nötig: ganz anders erging es den Häftlingen, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen). Als eine besondere Belastung empfanden die Nordhäuser die seit langem gewohnten, doch immer häufiger gegebenen Fliegeralarme. Sofort nach dem nervig tönendem Sirenen—Heulton hatte jedermann die Straße bzw. die Etagen des Hauses zu räumen und sich sofort in einen „Luftschutzraum“ zu begeben. Die Zugänge für solche besonders stabilisierte Kellerräume bzw. Stollenanlagen waren zur Straße mit dicken Hinweispfeilen markiert. Alarme dieser Art gab es damals mindestens an jedem zweiten Tag bzw. in jeder zweiten Nacht, sie führten zur chronischen Übermüdung und Erschöpfung der Erwachsenen.

In diesen von Angst und allgemeiner Unsicherheit geprägten Wochen des Frühjahrs 1945 war ich zehn Jahre alt. Schulunterricht fand nur noch lückenhaft statt, weil es kaum Lehrkräfte gab. Wir noch naiven Kinder genossen deshalb nach dem harten und strengen Winter die herrlich warmen Frühlingstage. Ich lebte damals behütet in einer Großfamilie. Wir wohnten in einem Drei-Generationen-Haus harmonisch zusammen mit den Großeltern und weiteren nahen Verwandten. Diese Erwachsenen flüsterten immer öfter besorgt heimlich miteinander. In meiner kindlichen Ahnungslosigkeit habe ich damals den Ernst und die Gefahren der Lage kaum begreifen können, obwohl fast täglich große Schwärme feindlicher Flugzeuge unsere Stadt Nordhausen überflogen. Umso größer war der Schock, der mich wie alle anderen Nordhäuser unmittelbar nach dem damaligen Osterfest plötzlich traf.

Am 03. April 1945 endete abrupt meine beschauliche Kindheit. An jenem Nachmittag erschreckte uns einmal mehr das schaurige Sirenengeheul. Ich stand schon auf der Treppe und ermahnte meine Mutter sich bei ihren letzten Küchenhandgriffen zu beeilen, als ein heller Knall meinen Blick nach draußen lenkte. Über dem Petersberg trudelte ein seltsames Rauchzeichen vom Himmel, ein sogenannter „Elefantenrüssel", und gleichzeitig begann es laut und nah aus vielen Flugzeugmotoren zu dröhnen. Nun stürzten wir regelrecht die Treppe in die Richtung der Kellergewölbe hinab, suchten atemlos unsere Stammplätze im Luftschutzraum und spürten dann zwanzig Minuten lang den Fußboden unter uns heben und erzittern. Während dieser langen und bangen Minuten füllte sich der Raum mit Explosionsgasen und Staub, es wurde dunkel, das Atmen wurde beschwerlicher. Gleichzeitig setzte sich das Heulen und Pfeifen der niederfallenden Bomben fort und knallten die Explosionen der draußen aufschlagenden Sprengkörper in unsere Ohren. Natürlich hatten wir riesige Angst, von einem dieser schmetternden Riesenhämmer erschlagen oder von Trümmern des Hauses über uns verschüttet zu werden. Einige unserer Frauen jammerten laut und weinten. Draußen krachte es, klirrte und schepperte. Plötzlich hörte der furchtbare Lärm auf, genau so unvermittelt wie er begonnen hatte.

Wir gingen vorsichtig nach oben um die Schäden zu besehen. Einige Fensterscheiben waren zersplittert, auch einige zersprungene Dachziegeln lagen auf dem Gehweg. Jedoch in unserem Wohnviertel (heute: östliche Töpferstraße) standen alle Häuser noch. Trotz des elterlichen Verbotes lief ich um einige Ecken und stand bald an mehreren Stellen kopfschüttelnd vor wirren Haufen aus Gebälk, Steinen und zerschlagenen Einrichtungen. Aufgeregte Menschen riefen sich zu, dass in den lnnenstadtvierteln Brände ausgebrochen seien. Gleichzeitig rüsteten sie sich manche offensichtlich zur Flucht aus den getroffenen Vierteln. Ich sah, wie blutende oder mühsam hinkende, sich gegenseitig stützende Verletzte oder ältere Leute an einigen bereits von Trümmern versperrten Stellen nach Auswegen suchten.

Als es langsam dunkelte, hatte sich von unserer familiären Hausgemeinschaft noch niemand entschlossen seine Wohnung in Richtung Umland zu verlassen. Nur in einem Punkt waren sich alle einig: in den Luftschutzkeller wollten sie aus Angst vor dem verschüttet werden und ersticken müssen nicht wieder gehen! Bereits seit dem Herbst 1944 hatten unsere Männer unter tätiger Hilfe der beiden im Handwerksbetrieb meines Großvaters eingesetzten französischen Kriegsgefangenen nach den Empfehlungen, wie sie in der damals dünn gewordenen Tageszeitung veröffentlicht waren, einen abgedeckten Erdunterstand (Maße: etwa 3 x 2,5 m) gebaut. Dieser war zwar noch nicht ganz fertiggestellt, aber schon benutzbar. Falls getroffen, dann gleich tot - das war die wenig tröstliche Devise. Weil das E-Werk in der Grimmelallee zerstört werden war, gab es keinen Strom mehr für die Stadt - also konnten auch keine Sirenen mehr heulen. Mit den Nachbarn vereinbarte man einen Nachtwachdienst. Für mich blieb die kommende, letzte Nacht in einem richtigen Bett ruhig. Am nächsten Morgen liefen Polizisten und Luftschutzwarte unsere Straße entlang, riefen und schrien: „ alle schnell in die Keller, es ist wieder Alarm!” Die größte Sorge war, dass die Bombenflieger zurückkamen. Deshalb eilten wir und unsere Hausgenossen in den Garten und zwängten uns nacheinander und dann eng aneinander gepresst hinein in den kleinen feuchten Raum.

Wir waren insgesamt 13 Menschen, darunter zwei Kinder. Und tatsächlich - plötzlich, gegen 09.15 Uhr - brummten wieder Flugzeugmotoren und bald begann es erneut Bomben zu regnen. Im Unterschied zum Vortage gehörte unser Wohn- und Geschäftsviertel nahe am Neumarkt (heute: August-Bebel-Platz) gerade noch zu dem Gebiet, das die Bomber flächenhaft und dicht mit ihren furchtbaren Waffen abdeckten. (unser Haus stand etwa an der Stelle der heutigen EDEKA-Fuchs-Kaufhalle). Die Bomben kannten keine Gnade. Ihr ununterbrochenes orgelndes Pfeifen, das folgende schmetternde Knallen, Krachen und Bersten schalteten mein Gehör aus. Explosionsgase, Staub und Rauch verdunkelten alles und ließen uns kaum Luft zum Atmen. Wahnsinnige Angst hatte uns alle gepackt. Mehrere Frauen unserer Notgemeinschaft verloren ihre Fassung, schrien wirres Zeug. Andere beteten mit Inbrunst zum Herrgott, so auch meine Mutter und Großmutter, die mich zwischen sich nahmen und versuchten mich mit ihren Körpern nach oben hin abzuschirmen. Etwa zwanzig Minuten lang währte diese Apokalypse. Nur langsam begann ich dann wieder etwas zu hören. Für die Erwachsenen gab es eine neue Herausforderung: in der nächsten Umgebung unseres Unterstandes schrie eine Frauenstimme geilend um Hilfe. Unsere Männer suchten und fanden bald zwei Frauen, die eingeklemmt zwischen Balken unseres nach einem Bombentreffer eingestürzten Hinterhauses in einer heiklen Lage waren. Es waren einquartierte uniformierte Luftwaffen- Helferinnen, die den rettenden Weg bis zu unserem Unterstand nicht mehr geschafft hatten. Mit Hilfe unserer Franzosen und zweier Autowinden wurde bis Mittag eine der beiden Mädchen schwerverletzt aus den Trümmern gerettet, die andere Frau war tot.

Ich schaute mich langsam in meiner früher so vertrauten Umgebung um, doch manches war seltsam und anders – quer über unserem Unterstand lag ein herbeigeschleuderter Balken, ganz oben in unserem großen Birnbaum hingen recht verrenkt zwei tote weiße Hühner. Vor unserem Haus, dessen Fenster alle weggefegt worden waren, stand eine zertrümmerte Straßenbahn, und an ihr vorbei hasteten mit verstörten, teils verschmutzten Gesichtern einzeln und in Gruppen mir fremde Menschen. Sie wollten nur noch raus, raus aus ihrer aufs schwerste getroffenen Stadt, ehe die Flieger wiederkommen könnten...

Auch wir sind geflohen. An drei Stellen unseres Viertels schlugen Flammen aus Fenstern oder Dachstühlen. Wasser zum Löschen gab es nicht mehr. Hilfe von außen war wegen der unpassierbar gewordenen Straßen nicht zu erwarten. Wir Iuden die ständig laut jammernde verwundete Hausgenossin mit ihrem u.a. mehrfach gebrochenen Bein auf den einzigen verfügbaren Handwagen, wofür auf einiges Luftschutzgepäck verzichtet werden musste, und verließen auf mühsamen Umwegen die Stadt in Richtung Leimbach. Dort fanden wir am nächsten Morgen sachkundige Hilfe beim Roten Kreuz und bei einer freundlichen und hilfsbereiten Bauernfamilie. Niemals könnte ich den Anblick vergessen, der sich während unserer nächtlichen Flucht in einer Marschpause am Rande der Windlücke bot: über Nordhausen stand eine riesige glutrote Feuerglocke! Der Petri-Kirchturm in ihrer Mitte brannte wie eine Fackel. Von dieser Hölle her trug der Wind die Geräusche von Explosionen und einstürzender Bauwerke über die Felder und es regneten ständig brandschwarze Partikel auf uns herab.

Nach einer Woche, nachdem US-Truppen die Stadt besetzt hatten, kehrten meine Eltern mit mir in die Stadt zurück. Wir waren am Leben geblieben. Aber insgesamt fünf unserer Nordhäuser Angehörigen waren es in diesen beiden Tagen nicht. Unsere Straße war vollständig zertrümmert und abgebrannt. Verloren hatten wir unser Zuhause, alle früheren Sicherheiten und jeden Besitz. Rasch begriffen wir, dass uns nun eine lange Zeit bitterer Not bevorstand. Das wurde über Jahre unsere Realität, auch wenn diese abgemildert wurde durch wohltuende und vielfach erfahrene freundschaftliche und nachbarschaftliche Solidarität.

Ich meine, dass viele Zeitzeugen dieser historischen Katastrophe unserer Heimatstadt bleibenden Schaden an ihrer Seele davongetragen haben. Ich spüre das selbst noch im hohen Alter gelegentlich in Albträumen und langen schlaflosen Nächten.

Der Zeitzeugenbericht als Download: 75. Jahrestag der Zerstörung Nordhausens - Zeitzeugenbericht Dr. Schröter

Das Schicksal der Familie Pochert

Die Familie Pochert (Eltern und ihre vier Kinder) kam im März 1945 nach Nordhausen.
Schicksal der Familie Pochert (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen) Schicksal der Familie Pochert (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen) Die jüngere der beiden Töchter, Gudrun Wenzens / geb. Pochert, schreibt darüber in einem Brief 75 Jahre später an das Stadtarchiv Nordhausen im Februar 2020:


„Meine Familie, das sind meine Eltern Herbert Pochert (1897) und Helene (1904) geb. Zbikowski, und ihre Kinder Dieter (1933), Werner (1934), Doris (1939) und Gudrun (1941) sind nach 6 Wochen Pferdetreck aus Ostpreußen in Nordhausen, Löbnitzstraße 13, untergekommen, da ein Bruder meiner Mutter mit seiner Familie in der Stadt lebte. Später trafen noch die Großeltern Emma und Friedrich Zbikowski dort ein.
Den Angriff am 04. April erlebten wir in einem Kellerraum mit etwa 20 Personen in der Löbnitzstraße. Mit den Töchtern auf einem Stuhl neben sich, stand meine Mutter als einzige in der Mitte des Raumes. Eine Bombe schüttete den gesamten Raum zu, nur meine Mutter konnte sich befreien und uns Töchtern so viel Luft verschaffen, dass wir überleben konnten. Mit Hilfe eines unbekannten Soldaten und meines Vaters, der zum Zeitpunkt des Angriffs bei der Bahnpost arbeitete, konnten wir Töchter in den Abendstunden des 04. April 1945 geborgen werden. Nach kurzer Zeit im Lazarett zog die Restfamilie zu Fuß weiter und fand in Görsbach Quartier. Ein zusätzlicher Lebensschmerz war ab jetzt für unsere Familie, dass die Söhne nicht geborgen, gefunden und beerdigt werden konnten. Als mein Großvater 1947 in Nordhausen verstarb, wurde ihrer auf seinem Grabstein mitgedacht. Nach der Wende konnten wir das Grab noch besuchen, da es erst 2007 aufgelöst wurde.
Mein Vater hatte in den Tagen nach dem Luftangriff erfolglos in dem Keller nach seinen Söhnen gesucht. Eines Tages war der Keller leergeräumt, aber niemand konnte ihm sagen, wohin die Verschütteten verbracht worden sind, zumal unsere Brüder durch den erst kurzen Aufenthalt niemanden bekannt waren. Am 30. 4. 1945 wurde mein Vater mit alle anderen Männern aus Görsbach von amerikanischen Soldaten verhaftet und in ein Internierungslager bei Stuttgart verbracht. Nach seiner Entlassung konnte er 1947 wieder seinen Dienst bei der Post in Hamburg aufnehmen. Meine Mutter folgte ihm mit uns beiden Töchtern dorthin. Anfang der 50erJahre reiste meine Mutter noch einmal nach Nordhausen, um ihre Söhne zu suchen. Erfolglos, wir gaben leider resigniert auf. Erst 1962 fanden meine Eltern die Kraft, in einem Familienbuch bei der Stadt Darmstadt mit eidesstattlichen Erklärungen, die Familiendaten zu dokumentieren.“


Die beiden Schwestern Pochert hatten sich an das Stadtarchiv gewandt, weil sie ursprünglich im April dieses Jahres noch einmal Nordhausen besuchen wollten. Dies ist aber wegen der „Corona-Krise“ nun leider nicht möglich.

Auf Grund der Recherchen im Rahmen des Forschungsprojektes „Nordhausen April 1945“ im Stadtarchiv Nordhausen und der erfolgten digitalen Datenerfassung durch das Stadtarchiv, das Standesamt und das Friedhofsamt konnte die Stadt Nordhausen Gudrun Wenzens nach 75 Jahren Unklarheit nun aber folgendes mitteilen:

Die beiden Söhne der Familie Pochert, 11 und 10 Jahre alt, wurden aus dem Keller in der Löbnitzstraße 13 tot geborgen und von der Stadtverwaltung in den provisorischen Bergelisten erfasst. Später wurden für beide Sterbemeldungen abgegeben, so dass auch Sterbeurkunden vorhanden sind. Die beiden Kinder wurden in den Tagen nach dem Luftangriff zuerst provisorisch im Garten des Grundstücks Löbnitzstr. 13 begraben und später, nach Oktober 1945, entweder auf den Alten Friedhof oder den Neuen Friedhof (Hauptfriedhof) überführt. Hierzu fehlen aber Unterlagen, so dass wir nicht sagen können, auf welchem Friedhof die beiden Söhne der Familie Pochert beerdigt wurden. Frau Gudrun Wenzens und ihrer Schwester wurden die entsprechend gefundenen Dokumente übersandt.


Frau Wenzens antwortete daraufhin der Stadt:

„Bei meiner kleinen Anfrage ahnte ich nicht, welche weitreichenden Folgen diese haben würde. Jetzt habe ich zu danken für zwei Briefe. Zuerst über die Mitteilung des leider Corona bedingten Ausfalls aller Veranstaltungen und auf das dafür stattfindende Glockengeläute. Wir haben inzwischen ein Blumengebinde bestellt, es wird sich finden, wo und wann es niedergelegt werden kann. Jetzt haben wir Ihren Brief mit den Auszügen aus dem Sterberegister und den detaillierten Erklärungen dazu. Es liefen wieder Tränen gefolgt von der Befreiung, endlich die Lücke in unserer Familienchronik schließen und die immer noch belastende Ungewissheit beenden zu können. Wir haben es nicht erwartet, diese Auskünfte zu erhalten und danken sehr für all Ihre Mühe und Umsicht. Sie haben außerdem für uns erreicht, dass der Name Nordhausen wann und aus welchem Anlass auch immer er fällt, nun nicht mehr nur mit dem Mantel der dunklen Erinnerungen behaftet ist, sondern jetzt auch mit den freundlichen Erfahrungen aus unseren Kontakten.“

Online-Ausstellung Museum Flohburg: „Nordhäuser Kriegsschadenspläne 1945 aus 1945“

Das Museum Flohburg plante im Rahmen des Gedenkens zum 3./4. April 1945 eine Ausstellung. Auf Grund der aktuellen Umstände steht die Ausstellung „Die Nordhäuser Kriegssachschadenspläne aus 1945“ digital zur Verfügung.

„Nordhäuser Kriegsschadenspläne 1945 aus 1945 (Foto: Stadtarchiv) „Nordhäuser Kriegsschadenspläne 1945 aus 1945 (Foto: Stadtarchiv)

"Schwermütig Lied" - Rudolf Hagelstange

Schwermütig Lied (Foto: Rudolf Hagelstange) Schwermütig Lied (Foto: Rudolf Hagelstange)


Wir verwenden Cookies um die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren und geben hierzu Informationen zu Ihrer Nutzung unserer Website an Partner weiter. Mehr Informationen hierzu finden Sie im Impressum und der Datenschutzerklärung.