Straßenbahn Nordhausen (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen) Straßenbahn Nordhausen (Foto: Stadtverwaltung Nordhausen)

FAQ - Oft gestellte Fragen und die Antworten

Aufgabenträgerschaft im öffentlichen Personennahverkehr der Stadt Nordhausen - Ergebnisoffene und transparente Diskussion



Planmäßig ab dem Haushaltsjahr 2022 steht ein Paradigmenwechsel für die Stadt Nordhausen an. Dann ist die direkte Finanzierung des ÖPNV durch den Haushalt der Stadt Nordhausen notwendig.
Um die Auswirkungen für die Stadt möglichst breit zu diskutieren, wurden ältere Überlegungen zur Übertragung des städtischen ÖPNV auf den Landkreis Nordhausen, dessen Pflichtaufgabe die Sicherstellung des ÖPNV ist, an die derzeitige Situation angepasst und dem Stadtrat vorgelegt, denn dieser ist zuständig.

Die Prämisse der Beschlussvorlage liegt dabei auf dem Weiterbestand der Nordhäuser Straßenbahn bei einem Aufgabenträgerwechsel!
Denn der Landkreis Nordhausen hat wiederholt darauf hingewiesen, dass dort die Bewirtschaftung des schienengebundenen ÖPNVs ggfs. besser bewerkstelligen könnte und die Straßenbahn über die Stadtgrenzen sich weiterentwickeln würde (Vgl. u.a. Diskussion um die Anbindung des Südharzes auf einer thematischen Homepage des Landratsamtes).

Ziel der Diskussion und Abstimmung im Stadtrat der Stadt Nordhausen ist es, eine verbindliche Richtungsentscheidung für die anstehenden Haushaltsdiskussionen der kommenden Jahre einzuholen:
  • Mit der Rückgabe an den gesetzlich bestimmten Aufgabenträger - den Landkreis - eine faire Verteilung der Kosten des ÖPNV im gesamten Landkreis zu erzielen - so wie thüringenweit üblich.

oder
  • Weiterhin freiwillig, als einzige kreisangehörige Kommune im Freistaat Thüringen, den städtischen ÖPNV zu schultern, den ÖPNV im Landkreis zu mehr als 50% mitzuzahlen und daraus folgend Pflichtaufgaben und freiwillige Aufgaben im städtischen Haushalt fortan hinten anzustellen.


Häufig gestellte Fragen an die Stadtverwaltung wurden im Rahmen der folgenden FAQs beantwortet. Die Antworten werden laufend aktualisiert.

1) Unterschied zwischen Landkreis und kreisangehöriger Stadt

Der Begriff der kreisangehörigen Kommune fasst alle Städte und Gemeinden zusammen, die einem Landkreis angehören. Alle kreisangehörigen Kommunen sind in ihren Rechten und Aufgaben gleich, sie erfüllen Pflichtaufgaben und freiwillige Aufgaben. Der jeweilige Landkreis erbringt zentrale Aufgaben der überörtlichen Gemeinschaft für seine kreisangehörigen Gemeinden, in diesem Fall die Pflichtaufgabe des ÖPNV (gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ThürÖPNVG).

Die Stadt Nordhausen erfüllt tagtäglich ihre Aufgaben, u. a. um
  • hervorragende Kindergärten und Schulen vorzuhalten.
  • Sicherheit und ständige Einsatzbereitschaft v. a. im Bereich Feuerwehr und Ordnungsamt zu gewährleisten.
  • Straßen und Brücken in einem ansehnlichen Zustand zu erhalten.
  • für Schulkinder und Vereine moderne Sportstätten herzurichten und zu unterhalten.
  • tausende Bäume, alle Friedhöfe und städtisches Grün in Schuss halten.
  • Brachen und Schandflecke neu zu entwickeln und auf der anderen Seite Denkmäler zu retten.
  • einen angemessenen Bürgerservice vorzuhalten.
  • Abwasser ordnungsgemäß bearbeiten.
  • vielfältige Vereinsarbeit zu fördern und kulturelle Angebote, Theater, Museen, Feste, Märkte, etc. zu ermöglichen.
  • und und und.

Die Stadt Nordhausen ist eine kreisangehörige Kommune des Landkreises Nordhausen. Die Diskussion zu einer möglichen Kreisfreiheit ist längst erledigt. Für die Stadt ist der städtische ÖPNV eine freiwillige Aufgabe und keine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtaufgabe.

2) Was waren Gründe der freiwilligen Übernahme des städtischen ÖPNV im Jahr 1996?

Von 1990-1995 gab es Liniengenehmigungen beim Busverkehr Nordhausen und den Straßenbahnbetrieben. Die Gesellschafter haben die Fahrpläne bestimmt. Sogenannte "Aufgabenträger" gab es erst mit dem Thüringer ÖPNV-Gesetz vom 8. Dezember 1995. Gemäß § 3(1) 3 konnten die Großen kreisangehörigen Städte die Aufgabenträgerschaft freiwillig übernehmen.

Gemäß dem Stadtratsbeschluss von 1996 war vordergründiges Ziel der Übernahme des städtischen ÖPNV, die Sicherung und der Erhalt der Nordhäuser Straßenbahn [Vgl. Anlagen zur Beschlussvorlage]. Wie im Rahmen der 8. Sitzung des Stadtrates vom 1. Juli 2020 durch die damalige Oberbürgermeisterin, Frau Barbara Rinke, erläutert, galt die Übernahme auch der Vorwegnahme der möglichen Kreisfreiheit der Stadt Nordhausen, um gegenüber dem Land in diese Richtung zu argumentieren.

24 Jahre später ist festzustellen, dass der Erhalt der Straßenbahn unter Aufwendung großer Anstrengungen und Ressourcen seitens der Stadt gelungen ist.

Hingegen ist die Kreisfreiheit - mit Blick auf die aktuelle Gemengelage um die Einkreisung der Stadt Eisenach - glücklicherweise eine Utopie geblieben und niemals umgesetzt worden. Nichtsdestotrotz stellt sich die derzeitige Rathausleitung der Aufgabe, die damals im "vorauseilendem Gehorsam" und hinsichtlich ihrer langfristigen Auswirkungen wenig detailliert vorbereiteten, aber getroffenen Maßnahmen auf den gesetzlich üblichen Stand im Freistaat Thüringen zu bringen.

Auch die Mitte der 1990er Jahre übernommenen Aufgaben wie zum Beispiel Sozialamt, Wohngeldstelle, etc. wurden zwischenzeitlich an den Landkreis abgegeben. Dies geschah ohne Verlust an Qualität. Die Rückgabe von Aufgaben an den Landkreis ist also für Stadt und Landkreis Nordhausen eine geübte Praxis.

3) Was ist der / Was umfasst den "städtische/n ÖPNV"?

Der städtische ÖPNV ist die Verkehrsleistung mit Bussen und Straßenbahnen im Stadtgebiet Nordhausens. Der vom Stadtrat beschlossene Nahverkehrsplan bestimmt die Verkehrsleistungen zu Fahrplan und Takt in der Innenstadt und den Ortsteilen. Die Verkehrsbetriebe Nordhausen GmbH sind mit der Durchführung des ÖPNV beauftragt.

Im Jahr 1996 hat der Stadtrat der Stadt Nordhausen beschlossen, als einzige kreisangehörige Kommune im Freistaat Thüringen, auf ihrem Stadtgebiet die Aufgabenträgerschaft für den ÖPNV zu übernehmen. Ziel war damals die langfristige Sicherung der Existenz der Straßenbahn und Vorbereitung der Kreisfreiheit.

Schon vor 24 Jahren war klar, dass die Aufgabenträgerschaft gemäß § 3 Abs. 2 ThürÖPNVG an die finanzielle Leistungsfähigkeit Nordhausens gebunden ist.

Bis heute ist die Stadt Nordhausen die einzige kreisangehörige Stadt in Thüringen, welche von der Möglichkeit des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ThürÖPNVG, freiwillig Aufgabenträger für den städtischen Personennahverkehr zu sein, Gebrauch gemacht hat. Die kreisangehörige Stadt Gotha beispielsweise nicht.

Selbst deutschlandweit ist die Anzahl der Kommunen, welche den ÖPNV als freiwillige Aufgabe übernommen haben überschaubar, z. B. in Halberstadt (Sachsen-Anhalt).

4) Wie wird der Stadtverkehr derzeit finanziert?

Bisher werden die Verluste des städtischen ÖPNV in einem sogenannten "steuerlichen Querverbund" innerhalb des Stadtwerkeunternehmens ausgeglichen. Das heißt, dass sich die kommunalen Unternehmen in einem gemeinsamen Konzern befinden, der Stadtwerke Nordhausen – Holding für Versorgung und Verkehr GmbH, bildlich gesprochen wie in einem Haus zusammengefasst. In diesem "Haus" gleichen die starken Tochterunternehmen (z. B. EVN) die Verluste anderer Unternehmen (Verkehrsbetriebe und Badehaus) aus. In den letzten Jahren waren durch diesen gegenseitigen Ausgleich keine direkten Zahlungen aus dem städtischen Haushalt für die finanziell "schwächeren" Tochterunternehmen nötig.

Allein dieser "Querverbund" hat den Erhalt der Straßenbahn jahrelang, auch in Zeiten schlechter Zukunftsprognosen, ermöglicht. Das war immer der Plan und die Voraussetzung für den Verbleib des ÖPNV als freiwillige Aufgabe der Stadt. Nur mit diesem Prinzip konnte bisher die Aufgabenträgerschaft für den ÖPNV in der Stadt und den Ortsteilen funktionieren.

5) Und warum funktioniert das bald nicht mehr?

Erstmalig ab dem Jahr 2022 und dann ebenso in den Folgejahren schrumpfen die Gewinne der "starken" Tochterunternehmen soweit, dass ein vollständiger Verlustausgleich wie bisher nicht mehr möglich ist. Gründe hierfür sind zum einen schwindende Erträge aufgrund des liberalisierten Energiemarktes. Zum anderen aber auch u. a. Tarifabschlüsse in den Beteiligungsunternehmen.

Die Stadtwerke müssen dann einen Zuschuss der Stadt Nordhausen, direkt aus dem städtischen Haushalt erhalten, um die übertragenen städtischen Aufgaben erfüllen zu können. Dies ist berechtigt und vertraglich geregelt.

Des Weiteren prüft der Europäische Gerichtshof (EuGH) immer wieder das Thema "steuerlicher Querverbund". Eine negative Entscheidung des EuGHs bzw. der Europäischen Kommission würde die Finanzierung vieler öffentlicher Aufgaben im Rahmen des in Deutschland üblichen steuerlichen Querverbundes gefährden, so auch in Nordhausen.

6) Gibt es keine anderen Möglichkeiten, den städtischen ÖPNV zu finanzieren? Zum Beispiel über das Land Thüringen?

Aktuell Nein! Das Land Thüringen greift für einen Nordhäuser Sonderweg nicht in die Tasche, da es sich bei dem städtischen ÖPNV um eine freiwillige Aufgabe der Stadt handelt.

Die Stadt Nordhausen und die jeweils zuständigen Vertreter der Stadtverwaltung haben bereits in den vergangenen Jahren versucht, die Finanzierung des Stadtverkehrs durch das Land Thüringen in die Diskussion zu bringen. Bereits mehrmals hat der Freistaat Thüringen, zuletzt im Jahr 2013, die finanzielle Entlastung der Stadt abgelehnt [Vgl. Anlagen zur Beschlussvorlage].

Das Land Thüringen verwies immer wieder auf die Leistungsfähigkeit der Kommune, den ÖPNV freiwillig zu stemmen. Kann sie dies wirtschaftlich und finanziell nicht, steht für das Land die übliche Praxis und bestehende Gesetzeslage im Vordergrund = Abgabe Aufgabenträgerschaft an den gesetzlich zuständigen Landkreis.

7) Wenn sich nun doch mögliche Finanzierungsquellen für die Straßenbahn auftun?

Sollten sich das Land dafür entscheiden, die Kommunen als Aufgabenträger des ÖPNV zu unterstützen, z. B. durch eine kostendeckende Entlastung, bestünde die Möglichkeit, den Beschluss aufzuheben und als Stadt Aufgabenträger zu bleiben.

Diese Entscheidung wird allerdings nicht im Stadtrat der Stadt Nordhausen entschieden, sondern im Thüringer Landtag. Dort sind alle Parteien, die Fraktionen im Stadtrat stellen, auch vertreten und können dahingehend zur politischen Willensbildung beitragen.

8) Warum will die Stadt den ÖPNV rückübertragen?

Die Beschlussvorlage (Vgl. Beschlussvorlage) und deren Begründung sollen für Klarheit sorgen, ob sich die Stadt weiterhin den ÖPNV als freiwillige Aufgabe leisten will. Die Vorlage und die FAQs schaffen dafür Klarheit bei den Fakten.

Stadtrat und Stadt müssen sich aber der Entscheidung für eine zukünftige Finanzierung direkt aus dem städtischen Haushalt stellen. Um die Diskussion um die relevanten Beträge vorzubereiten und ggfs. das Sparen bei Pflichtaufgaben der Stadt, z. B. Investitionen in Schulen, Kindergärten, Infrastruktur, etc. vorzunehmen, muss der Stadtrat eine Richtungsentscheidung über die Weiterführung des ÖPNV in städtischen Händen oder dessen Rückübertragung an den Landkreis, als gesetzlich vorgesehenen Aufgabenträger, treffen.
Denn ab dem Jahr 2022 muss die Stadt Nordhausen direkt aus dem Haushalt für die Aufgabenträgerschaft im städtischen ÖPNV aufkommen. Bisher erfolgte die Finanzierung aus dem sogenannten "steuerlichen Querverbund" der Stadtwerke-Unternehmen.

9) Warum diskutieren wir jetzt die Aufgabenträgerschaft, bis 2022 ist es lange hin?

Es ist wichtig, eine Grundsatzentscheidung im Stadtrat zu treffen, denn der Stadtrat ist zuständig. Viele Details sind nach dem Grundsatzbeschluss zu klären,
  • die beispielsweise externen Beratungsbedarf nach sich ziehen,
  • Gespräche mit Banken usw. müssen geführt werden,
  • ebenso müsste sicherlich im Sinne des Landkreises die zukünftige Gesellschafterkonstellation der Verkehrsbetriebe Nordhausen vorab besprochen werden
  • usw. usf.

Aber auch die Vorbereitungen des Haushalts und der Prioritätenliste, die sich aus dem Investitionsstau der letzten Jahre ergibt, muss vorbereitet werden, wenn der Stadtverkehr weiterhin städtisch bleiben soll und dann den Haushalt direkt belastet und wichtige projekte können nicht angestoßen und realisiert werden.

18 Monate sind dafür nicht zu viel Zeit. Es ist ein angemessener Zeitrahmen, um eine breite Bürger- und Stadtratsbeteiligung sowie ggf. nachgelagerten Arbeiten in die eine oder andere Richtung, durchzuführen.


10) Was ist mit dem Anlagevermögen bei der Stadt?

Die Stadt hat kein direktes Anlagevermögen im städtischen ÖPNV. Natürlich gehören die Straßen der Stadt, aber Busse, Straßenbahnen, Schienennetz etc. sind bei den Verkehrsbetrieben bilanziert.

11) Kann die Stadt die Verantwortung für den ÖPNV einfach übertragen?

Ja! Für den Landkreis handelt es sich beim ÖPNV - im Gegensatz zum Betrieb eines Badehauses - um eine Pflichtaufgabe.

Für den Fall, dass die Stadt Nordhausen die Aufgabe des ÖPNV nicht mehr erfüllen könnte, ist der Landkreis Nordhausen gesetzlich zur Übernahme verpflichtet.

Nach der Rückübertragung der Aufgabenträgerschaft ist der Landkreis Nordhausen allein zuständige örtliche Behörde für den ÖPNV im gesamten Kreisgebiet. Er ist damit gleichzeitig für die Erstellung des Nahverkehrsplans und dessen Finanzierung zuständig.

Im Kreistag des Landkreises Nordhausen sitzen Nordhäuserinnen und Nordhäuser, die weiterhin Einfluss nehmen.

12) Könnte nicht ein Teil des städtischen ÖPNV an den Landkreis übertragen werden und ein Teil, z. B. die Straßenbahn, bei der Stadt verbleiben?

Nein! Der Gesetzgeber sieht den ÖPNV als Ganzes an und differenziert nicht nach einzelnen Fortbewegungsmitteln.

Es ist aber möglich, dass kreisangehörige Kommunen freiwillig eine Ausweitung des ÖPNV bezahlen können, um beispielsweise eine dichtere Taktung zu gewährleisten. Dies bedarf der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der jeweiligen Kommune.
Nachvollziehbar wäre dies, wenn alle Pflichtaufgaben dauerhaft finanziert und keine weiteren Risiken absehbar wären.

13) Und wenn der Landkreis Nordhausen die Übertragung nicht will?

Warum sollte der Landkreis/ das Landratsamt Nordhausen nicht wollen?

Für den Landkreis Nordhausen handelt es sich, wie bereits ausgeführt, um eine Pflichtaufgabe. Der Landkreis ist der gesetzlich vorgesehene Aufgabenträger und erhielte dafür auch Bedarfszuweisungen des Landes Thüringen.
Denn beim Landkreis muss das Land eine auskömmliche Finanzierung sicherstellen.

14) Aber wenn der Landkreis nun für den Stadtverkehr in Nordhausen zuständig ist, ist das nicht ungerecht gegenüber den anderen kreisangehörigen Kommunen im Landkreis?

Nein, alle Kommunen sind kreisangehörig. Warum sollte es zwischen den kreisangehörigen Kommunen im Landkreis Nordhausen keine faire Verteilung der Kosten des gesamten ÖPNV geben?

Fakt ist, dass die kreisangehörige Stadt Nordhausen bereits jetzt Zahlmeisterin des ÖPNV im gesamten Landkreis ist.

Wie alle kreisangehörigen Kommunen führt die Stadt Nordhausen jährlich eine Kreisumlage an den Landkreis Nordhausen ab. Dies sind aktuell ca. 54 % der gesamten an den Landkreis abgeführten Kreisumlage aller Kommunen - Tendenz steigend.

In dieser Kreisumlage sind unter anderem die Zahlungen des Landkreises Nordhausen an die Verkehrsbetriebe Nordhausen GmbH (VBN) für den Regionalverkehr im Landkreis enthalten, für welche der Landkreis Nordhausen Aufgabenträger ist.

Die Stadt Nordhausen finanziert also seit Jahrzehnten zusätzlich zum kompletten ÖPNV im Stadtgebiet, auch noch mehr als die Hälfte der Kosten des ÖPNV im Landkreis über die jährliche Kreisumlage mit.

In absoluten Zahlen bedeutet dies:
  • Der Landkreis wendet aktuell jährlich für den ÖPNV ca. 1,8 Mio. Euro auf.
  • Die Hälfte davon, also ca. 972.000 Euro, bezahlt die Stadt Nordhausen über die Kreisumlagezahlung für den Regionalverkehr im Landkreis.

15) Was bedeutet eine Rückübertragung an den Landkreis für die Nordhäuser Straßenbahn? Wird diese dann abgeschafft?

Die Strategie der Sicherung des Fortbestands der Nordhäuser Straßenbahn ist seit dem Stadtratsbeschluss von 1996 – also seit nunmehr 24 Jahren - aufgegangen.
Die Stadt Nordhausen übergibt den Stadtverkehr nur an den Landkreis, wenn die Straßenbahn weiterhin erhalten bleibt. Das ist sicherlich Konsens in unserer Stadt.

Das Argument, bei Zuständigkeit des Landratsamtes wird die Straßenbahn abgeschafft, gilt nicht mehr. Und zwar aus folgenden Gründen:
  • Im Gegensatz zur Diskussion der 1990er Jahre, stellt sich die Frage des Einstellens der Nordhäuser Straßenbahn mit Blick auf die gesellschaftspolitische Diskussion zum Vorteil des schienengebundenen ÖPNV nicht mehr. Das „Damoklesschwert“ über dem nunmehr 120-jährigen Verkehrsmittel hat sich zu einem Vorteil im Zuge der sogenannten Mobilitätswende gewandelt. Das ist ein großer Unterschied zu den Diskussionen der Vorjahre.
  • Der Landkreis Nordhausen hat wiederholt darauf hingewiesen, dass er die Bewirtschaftung des schienengebundenen ÖPNVs ggfs. besser bewerkstelligen könnte und die Straßenbahn über die Stadtgrenzen weiterentwickeln würde (Vgl. Diskussion um die Anbindung des Südharzes auf einer thematischen Homepage des Landratsamtes). Das ist ebenfalls ein Unterschied zu der Diskussion der Vorjahre.
  • Darüber hinaus ist die Frage über die Gestaltung des ÖPNV im ländlichen Raum derzeit aktueller denn je. Diese Gemengelage und die potentielle Einführung eines landesweiten Verbundes machen die Kleinteiligkeit des ÖPNV vor Ort – mit zwei Aufgabenträger für die öffentliche Mobilität von 89.000 Menschen - nicht mehr zukunftsfest. Auch hier sind die Entwicklungen neu - aber nur zum Vorteil der Straßenbahn.



16. Ist bei einem Betrieb des ÖPNV durch den Landkreis Nordhausen per se eine Verschlechterung der Qualität des Stadtverkehrs zu befürchten?

Alle Aussagen aus dem Landratsamt - aber auch aus dem Kreistag - zum ÖPNV lassen den Schluss zu, dass der ÖPNV eine hohe Priorität genießt (Vgl. Diskussion um die Anbindung des Südharzes auf einer thematischen Homepage des Landratsamtes).

Eine grundlegende Verschlechterung bzw. komplette Abschaffung des Stadtverkehrs, wie im Rahmen der 8. Sitzung des Stadtrates vom 1. Juli 2020 durch einige Vertreter der Stadtratsfraktionen kolportiert, war in den letzten Jahren seitens des Landkreises nie Gegenstand der Diskussion. Im Gegenteil, sollte mehr in den ÖPNV, in eine bessere Vernetzung und Infrastruktur investiert werden.

Aus städtischer Sicht und dem Zeitgeist entsprechend, gehen wir von einem gleichbleibenden oder sogar verbessertem Angebot aus. Immerhin zahlt die Stadt als kreisangehörige Kommune weiterhin ihren Beitrag zum gesamten ÖPNV im Landkreis (Tendenz der Kreisumlage steigend).

Auch haben insbesondere Doppelmandatsträger aus Nordhausen, d. h. gleichzeitig Stadtrats- und Kreistagsmitglieder, einen Hebel über den Beschluss des Nahverkehrsplans.

17) Hat das Thema Relevanz für das Wahljahr 2021?

Nein. Heute wie nach der geplanten Landratswahl sowie der Landtagswahl in 2021 ist der Landkreis der geborene Aufgabenträger und der ÖPNV im gesamten Landkreis ist seine Pflichtaufgabe.

Auch ohne eine Landratswahl müsste sich der Stadtrat der Stadt Nordhausen dieser Entscheidung stellen, denn er ist zuständig. Bereits in den vergangenen Jahren wurde die Aufgabenträgerschaft am Ergebnis diskutiert und nicht entsprechend von Wahlterminen.

18) Welche Rolle spielt die Beteiligung der Stadt an der VBN nach Rückübertragung des ÖPNV an den Landkreis? Was bedeutet dies für den ÖDA?

Die Gesellschafterrolle bei der VBN ist von der Beauftragung der Verkehrsleistungen durch den ÖDA (Öffentlichen Dienstleistungsauftrag) zu unterscheiden. Der ÖDA wird von der zuständigen Behörde ausgeschrieben und beauftragt, der derzeitige ÖDA hat eine Laufzeit bis 31.12.2032.

Auch hat sich die Sichtweise des Landes hinsichtlich der Rückübertragung nicht geändert. Der Landkreis Nordhausen tritt nach § 3 Abs. 3 ThürÖPNVG in alle Rechte und Pflichten der Stadt Nordhausen ein - somit auch in den ÖDA.

Ob und inwieweit der Landkreis Nordhausen nach der Rückübertragung des ÖPNV die Notwendigkeit sieht Beteiligungsverhältnisse an der VBN zu ändern ist eine Entscheidung des Landkreises, die Stadt wird diesbezüglich mit dem Landkreis eine einvernehmliche Regelung finden. Diese Diskussion kann jedoch erst geführt werden, wenn der Stadtrat diese Richtungsentscheidung getroffen hat. Diese Entscheidung hat keine Auswirkungen auf die Planungssicherheit für die Beschäftigten, der VBN.

19) Was bedeutet die Rückübertragung für das Gleisnetz der Straßenbahn

Das Gleisnetz stellt ein Sondervermögen der VBN dar und nicht der Stadt (zuletzt investierte die VBN 2019 in die Gleiserneuerung in der Rautenstraße). Die Stadt Nordhausen wäre nach der Rückübertragung des städtischen ÖPNV-Teils, so wie bisher auch die anderen Landkreiskommunen, für den für die Haltestellen als Straßenbaulastträger zuständig. Dieser Aufgabe stellt sich die Stadt. So wurden erst vergangene Woche die Aufträge für Umbaumaßnahmen hin zu barrierefreie Haltestellen in der Hohensteiner Straße und Clara-Zetkin-Straße im Wert von 511.600 Euro ausgelöst.

20) Warum beteiligt sich die VBN bzw. die Stadt als Aufgabenträger nicht an der Beantragung von Fördermitteln für neue Straßenbahnen, so wie in Erfurt, Jena und Gera geschehen?

Die Diskussion über die Nutzung von Landesfördermitteln für den ÖPNV führt zumindest für die Nordhäuser Straßenbahnen ins Leere. Denn der Fuhrpark der VBN ist modern und Beschaffungen werden betriebswirtschaftlich und langfristig durch die Verkehrsbetriebe geplant. In den genanten Städten, die nun von den Landesmitteln profitieren, ist dies im Fuhrpark der jeweiligen Verkehrsbetriebe teilweise nicht der Fall:
  • Die in Jena ausgesonderten Fahrzeuge sind mehr als 26 Jahr alt. Wartung und Betrieb sind dort zum Teil nicht mehr wirtschaftlich (Quelle für JeNah)
  • Dies gilt auch für die fast 40 Jahre alten Tatra-Bahnen der Geraer Verkehrsbetriebe, die nun durch moderne Fahrzeuge ersetzt werden sollen. (Quelle Gera).
  • Die 14 neuen Niederflurwagen der Erfurter Straßenbahn kosten ca. 4 Mio. Euro pro Fahrzeug. Das Projekt wird zu 46,79 % mit Fördermitteln von den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und vom Freistaat Thüringen unterstützt. (Quelle Erfurt).


21) Was steht den Verhandlungen zwischen Oberbürgermeister und Landrat entgegen?

Es handelt sich beim Beschluss zur Übertragung des städtischen ÖPNV-Teils an den Landkreis Nordhausen um einen Stadtratsbeschluss der Stadt Nordhausen (Stichwort: Kommunale Selbstverwaltung). Aus der Richtungsentscheidung im Stadtrat ergibt sich dann eine Handlungsabfolge für die Detailabstimmung der Übertragung an den pflichtigen Aufgabenträger.

Ferner ist es nicht Ziel des Beschlusses, das demokratische Recht des Stadtrates durch intransparente Hinterzimmer-Deals konterkariert zu wissen. Das Vorgehen entspricht größtenteils den Diskussionen um die Rückübertragung in den Jahren 2012/13 und 2015. Die Abstände der Diskussion um die Aufgabenträgerschaft werden in den künftigen Folgejahren kürzer, wenn dann jährlich Haushaltsbegleitbeschlüsse zum ÖPNV getroffen werden. Im Übrigen sollte der Landkreis auf die Ausübung seiner vom Gesetzgeber übertragenen Pflichtaufgabe immer vorbereitet sein. Eine andere Aussage trifft auch das Land Thüringen im jüngst übermittelten Schreiben nicht.

Interessanter Fakt am Rande: Während der Stadtratsdiskussion zur Übernahme des städtischen ÖPNV-Teils im Jahr 1996 antwortete Oberbürgermeisterin Rinke seinerzeit auf die Frage, ob der Landkreis sich an den Kosten für die freiwillige Übernahme durch die Stadt beteiligt, dass "erst nach der Übernahme der Aufgabenträgerschaft durch die Stadt derartige Gespräche mit dem Landkreis geführt werden könnten." (Vgl. Protokollauszug Stadtratssitzung vom 15.05.1996 )

22) Wird aufgrund der Vorbereitung der Übertragung weniger in den ÖPNV-Teil der Stadt investiert?

Gemäß Öffentlichem Dienstleistungsauftrag (ÖDA) und dem daraus abgeleiteten Busbeschaffungskonzept der VBN, werden Stadtbusse, die älter als 12 Jahre und Regionalbusse die älter als 14 Jahre sind, durch neue ersetzt. Welche Antriebstechnik dabei zum Einsatz kommt, hängt von mehreren Faktoren ab (z. B. von der nationalen Umsetzung der Clean-Vehicle-Richtlinie, vom Stand der Technik im Beschaffungsjahr, auch davon welche Antriebstechnik sich am Markt etabliert, usw.). Da die Busse in unterschiedlichen Chargen gekauft wurden, ist die Neubeschaffung nicht gleichmäßig über die Jahre verteilt.

Die nächste Straßenbahnbeschaffung steht voraussichtlich im Jahr 2030 an. Auch hier wird das Beschaffungskonzept laufend aktualisiert und kann sich verändern. Das hängt vom Zustand der Bahnen, von den Hauptuntersuchungen und von weiteren Faktoren ab. Deshalb haben die Unternehmensgremien der Verkehrsbetriebe Nordhausen noch nicht über Wasserstoffstraßenbahnen diskutiert. Reine Wasserstoff-Straßenbahnen sind derzeit allerdings wenig verbreitet. In diesem zeitlichen Rahmen müssen auch neue Combino Duos für die Line 10 beschafft werden. Hier werden wir die Beschaffung ergebnisoffen ausschreiben.

Für die kommende EU-Förderperiode, für die weder ein Haushalt noch ein Programmrahmen besteht, hat der Freistaat Thüringen bewusst nicht nach neuen Straßenbahnen die VBN abgefragt, da die hiesigen Bahnen noch planmäßig bis 2030 laufen. Die VBN verfügt also über einen modernen Fuhrpark. Ein Blick in den öffentlich bereitgestellten Wirtschaftsplan der VBN 2020, beschlossen durch Unternehmensgremien, Stadtrat und Kreistag zeigt, dass die VBN für den städtischen ÖPNV mehr als 20 Mio. Euro bis 2025 investieren will, davon zwölf Mio. Euro Fördermittel.
  • Als nächste Gleisgrunderneuerung wird in 2021 die Dr.-Robert-Koch-Straße gebaut. Da ein Gleis etwa 30 Jahre hält (auch hier spielen wieder viele Faktoren eine Rolle), muss jährlich ein definierter Streckenabschnitt erneuert werden.
  • Zusätzlich sollen neue stationäre Fahrscheinautomaten beschafft werden, parallel dazu wird ein Handyticket entwickelt. Weitere Investitionen sind Gleisgrunderneuerungen, Werkstattausrüstungen und Anlagen der Betriebssteuerung.

23) Ist geprüft, ob die Übertragung der Trägerschaft Verkehr an den Kreis mit vertraglichen Rahmenverträgen möglich wäre?

Für den Landkreis handelt es sich beim Öffentlichen Personennahverkehr (nachfolgend ÖPNV) – im Gegensatz zum Betrieb eines Badehauses - um eine Pflichtaufgabe. Für den Fall, dass die Stadt Nordhausen die Aufgabe des ÖPNV nicht mehr erfüllen könnte oder wollte, ist der Landkreis Nordhausen gesetzlich zur Übernahme verpflichtet. Nach der Rückübertragung der Aufgabenträgerschaft ist der Landkreis Nordhausen allein zuständige örtliche Behörde für den ÖPNV im gesamten Kreisgebiet, wie es im Freistaat Thüringen üblich ist. Er ist damit gleichzeitig für die Erstellung des Nahverkehrsplans und dessen Finanzierung zuständig. Die Abstimmung der Bedarfe zwischen pflichtigem Aufgabenträger und kreisangehörigen Kommunen ist thüringenweit geübte Praxis. Warum sollte dies im Landkreis Nordhausen zukünftig nicht möglich sein? Im Kreistag des Landkreises Nordhausen sitzen Nordhäuserinnen und Nordhäuser, die ihren Einfluss geltend machen müssen.

24) Welches Nahverkehrskonzept erwartet die Stadt vom Kreis? Gibt es Konzepte für die Zukunft?

Eine grundlegende Verschlechterung bzw. komplette Abschaffung des Stadtverkehrs, wie im Rahmen der 8. Sitzung des Stadtrates vom 01.07.2020 durch einige Vertreter der Stadtratsfraktionen kolportiert, war in den letzten Jahren seitens des Landkreises nie Gegenstand der Diskussion. Im Gegenteil, es sollte mehr in den ÖPNV, in eine bessere Vernetzung und Infrastruktur investiert werden. Aus städtischer Sicht und dem Zeitgeist entsprechend, gehen wir von einem gleichbleibenden oder sogar verbesserten Angebot aus, da die Stadt als kreisangehörige Kommune weiterhin ihren Beitrag zur Finanzierung des gesamten ÖPNV im Landkreis über die Kreisumlage trägt (Tendenz der Kreisumlage steigend).
Derzeitige Berechnungsbeispiele zeigen, dass die Stadt den bisherigen ÖPNV-Teil der Stadt über die Kreisumlage weiter finanziert, jedoch die Zahlungen der Stadt für den rechtlichen Regionalverkehr entfallen. D. h., die kreisangehörigen Gemeinden zahlen nach der Übertragung des städtischen ÖPNV-Teils über die Kreisumlage den bisherigen Regionalverkehr zu 100 % und die Stadt über die Kreisumlage den ehemaligen städtischen ÖPNV-Teil. Bisher zahlt die Stadt den städtischen ÖPNV-Teil zu 100 % und den Regionalverkehr über die Kreisumlage zu mehr als 50 %. Mithin zahlte die Stadt in 2019 79,5 % der Gesamtkosten des ÖPNV auf dem Gebiet des Landkreises Nordhausen (wie im Rahmen der Informationsveranstaltung vom 30.09.2020 durch die Geschäftsführer der HVV und VBN dargestellt).
Ein finanzieller Grund, Leistungen im dann ehemals städtischen ÖPNV-Teil zu reduzieren, dürfte es deshalb nicht geben. Auch haben insbesondere Doppelmandatsträger aus Nordhausen, d. h. gleichzeitig Stadtrats- und Kreistagsmitglieder, einen Hebel über den Beschluss des Nahverkehrsplans. Derzeit wird ein gemeinsames Mobilitätskonzept durch Stadt und Landkreis beauftragt.

25) Verluste werden zwischen den VBN-Gesellschaftern entsprechend aufgeteilt. Wie geschieht in Zukunft der Verlustausgleich? Wie ist die Anteilseignerschaft in Zukunft gedacht?

Ob und inwieweit der Landkreis Nordhausen nach der Rückübertragung des ÖPNV die Notwendigkeit sieht, Beteiligungsverhältnisse an der Verkehrsbetriebe Nordhausen GmbH (nachfolgend VBN) zu ändern, ist eine Entscheidung des Landkreises, die Stadt wird diesbezüglich mit dem Landkreis eine einvernehmliche Regelung finden. Die Stadt wird alles Mögliche unternehmen, damit diese Entscheidung keine Auswirkungen auf die Planungssicherheit für die Beschäftigten der VBN hat. Es gibt nicht nur die eine Variante, dass die Verkehrsbetriebe Nordhausen GmbH eine 100%-ige Tochter unterhalb der Service Gesellschaft des Landkreises Nordhausen GmbH ist. Im Freistaat Thüringen existieren viele Modelle, z. B. der Landkreis Gotha hält nur 30 % an der Thüringer Waldbahn und Straßenbahn Gotha GmbH. Im Rahmen des beauftragten externen Gutachtens werden hierfür Lösungsvorschläge erarbeitet.

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