Meldung

Rede des Oberbürgermeisters zur konstituierenden Sitzung des Nordhäuser Stadtrats

Donnerstag, 12. Juni 2014, 11:49 Uhr
Im folgenden die Rede des Oberbürgermeisters zur konstituierenden Sitzung de sneu gewählten Stadtrats gestren Abend:

"Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, sehr geehrte Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Beigeordnete, sehr geehrte Nordhäuserinnen und Nordhäuser – und vor allem sehr geehrte Damen und Herren, für die diese Sitzung die erste als Stadtratsmitglied ist,

ich begrüße Sie recht herzlich in unserem „Regenbogenhaus“ und gratuliere Ihnen zu Ihrer Wahl. Ich hoffe, Ihnen wird dieses wohl wichtigste Ehrenamt, das eine Kommune zu vergeben hat, nicht nur Last sein, sondern immer auch ein wenig Lust und Freude machen.
Ausdrücklich danken möchte ich aber allen, die sich für eine Kandidatur zu einem politischen Mandat bereiterklärt haben, ob sie nun gewählt wurden oder nicht. Es ist in einem solchen Amt nicht immer einfach. Das wissen diejenigen am besten, die dieses Amt schon länger begleiten. Aber wir brachen Menschen, die sich für die Politik engagieren, sonst würde unser Gemeinwesen nicht funktionieren. Bundespräsident a.D., Christian Wulff, hat in seinem neuen Buch darüber gesagt, indem er einem Satz im Spiegel widersprach, dass ‚das Jagdfieber ein konstituierendes Element der Demokratie‘ sei und hält diesen Satz sogar für gefährlich. Ich zitiere: „Wenn es so viele Jäger gibt, wer hat dann überhaupt noch Lust, das gejagte Wild zu werden, sprich: sich auf Politik einzulassen?“. Anders als Christian Wulff habe ich hier nicht in erster Linie die Medien im Blick, sondern die Begleitmusik zu den Medien in den Foren. Und ich füge hinzu: Auch wir Stadträte sollten untereinander nicht in die Rolle von Jägern und Gejagten verfallen.
Ich möchte all jene bitten, die den Sprung in den Stadtrat nicht geschafft haben: Bewahren Sie sich Ihre Motivation zur Kandidatur, um zum Beispiel als berufener Bürger in den Ausschüssen mitzuwirken.

Der Ort für unsere erste Sitzung – das Regenbogenhaus – könnte nicht besser gewählt sein. Morgen jährt sich zum zweiten Male die Eröffnung dieses Hauses. Dieses Haus wurde etabliert als offener Treffpunkt für Alt und Jung, für Menschen mit unterschiedlichstem Status und Herkunft. All dies soll hier keine Rolle spielen.

So sollte es auch bei der Arbeit im Stadtrat sein. Vor allem die Achtung und der Respekt vor den Kollegen müssen unseren Diskurs bestimmen. Das schließt den Streit nicht aus. Demokratie ist nicht Harmonie, sondern Demokratie ist Streit, aber Streit um die beste Lösung. Jeden von Ihnen, jeden von uns, verbindet wohl ein Ziel: Das Beste für die Stadt zu suchen und zu finden.
Wir hatten vor kurzem den zweiten Workshop des Akteursgremium zum ISEK beieinander. Die Atmosphäre war so ermutigend, dass mir dazu folgendes Bild treffend schien: Antoine Saint-Exupéry hat geschrieben: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ In Analogie dazu sage ich: Wenn Du die Stadt entwickeln und gestalten willst, dann hole Dir nicht nur ein Stadtplanungsbüro, sondern dazu noch Bürger, die ihre Stadt und ihre Menschen lieben und an unserer Zukunft glauben. Sie alle, die hier sitzen, haben sich gerade aus diesem Grund auf den Weg gemacht, weil sie ihre Stadt lieben.
Erst die Stadt, dann die Partei und ganz am Ende die eigene Person – das muss unser Handeln bestimmen.

Ich würde mir wünschen, dass künftig das Vertrauen und Gespräche wieder mehr Raum einnehmen, als die unendliche Kommunikation über Rechtsbehörden, dass mediale Scheingefechte ersetzt werden durch das direkt Gespräch, bei dem man sich mit offenem Visier gegenüber tritt. Die Tür meines Büros – und ich spreche auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rathauses – steht jedem offen, der guten Willens kommt.
Für mich persönlich wird weiter gelten, dass bei persönlich motivierten Auseinandersetzungen der Weg über die Öffentlichkeit im Zweifelsfall der schlechtere ist. Dabei habe ich mir weite Toleranzgrenzen gesteckt, die ich aus den Dienst- und Fürsorgepflichten als Oberbürgermeister einer Stadt ableite und daran werde ich auch festhalten. Und zu diesen Dienstpflichten gehört auch, Recht und Gesetz zu wahren.

Denn wir haben auch Vorbild zu sein, haben eine politische Kultur zu pflegen des Anstands und des gegenseitigen Respekts, haben darauf zu achten, dass der Ruf unserer Stadt keinen Schaden nimmt.
Und wir haben den Menschen dieser Stadt gegenüber in erster Linie eines zu tun: Ganz profan Dienstleistungen zu erbringen. Wir haben dafür zu sorgen, dass all die Dinge der Daseinsfürsorge - vom Kindergartenplatz bis zur Feuerwehr, von der Müllabfuhr bis zur Trinkwasserversorgung, der Bewahrung unserer Natur bis zum kulturellen Angebot - auf gutem Niveau gesichert und verlässlich gesichert bleibt.

Neben den eben skizzierten Selbstverständlichkeiten ist es unsere schöne aber auch herausfordernde Aufgabe, gerade in den kommenden Jahren Zukunftsentwürfe für Nordhausen zu entwickeln. An erster Stelle steht dabei die Entwicklung eines Konzeptes und Leitbildes für die Stadtentwicklung Nordhausens. In diesem Prozess befinden wir uns gerade - unter bereiter Beteiligung der Öffentlichkeit.

In schon wenigen Monaten werden wir uns vorbereiten müssen auf die Verhandlungen mit dem Land zur sicheren und langfristigen Finanzierung unseres Theaters in der jetzigen Form und im aktuellen Spartenzuschnitt. Gerade hier bin ich mir mit Blick auf die Zusammensetzung unseres Stadtrates sicher, dass uns dies gelingen wird. Hier sind Menschen zusammen, die nicht nur ihren Verstand, sondern auch eine große Portion Leidenschaft und Herzblut für Nordhausen in die Verhandlungen einbringen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, Geld ist nicht alles, doch ohne Geld ist vieles nichts. Vor uns liegt die Herkulesaufgabe der Konsolidierung unseres Haushaltes. Dies muss uns keine Angst machen. Die Aufgabe kann vielleicht neue Energien freisetzen und uns neue Perspektiven und bisher nicht gegangen Wege eröffnen. Bei der Konsolidierung halte ich einen mehrgleisigen Weg für den besten:

Zum einen die Stärkung der wirtschaftlichen Basis unserer Stadt. Nordhausen erwuchs schon in der Vergangenheit zu gesellschaftlicher und vor allem kultureller Blüte, weil das wirtschaftliche Fundament solide und seine Akteure auch eine hohe soziale Verantwortung für ihre Stadt hatten. Dies ist auch heute so, und wir sollten – vor allem durch Verlässlichkeit in den Entscheidungen – diese Basis stärken.

Zum anderen liegt es an uns, Ausgaben künftig zielgerichteter einzusetzen und insbesondere auf die Nachhaltigkeit zu achten. Unsere Kämmerin Frau Spieß hat mit ihren Kollegen dazu ein umsetzungsfähiges Konzept einer freiwilligen Haushaltskonsolidierung ausgearbeitet. Darüber hinaus werden wir uns externen Sachverstands bedienen, der einen Gesamtblick auf den Konzern Stadt werfen wird. Erste Vorschläge erwarten wir in Kürze, diese werden wir dann hier diskutierten.

Und ich möchte mit Ihnen gemeinsam auch einen dritten, und für Nordhausens neuen, Weg bei der Budgetkonsolidierung beschreiten: Nämlich jene einzubeziehen, um die und deren Geld es geht: Die Menschen dieser Stadt. So werde ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bitten, Grundzüge zur Gestaltung eines Bürgerhaushaltes zu entwerfen. In vielen Städten hat dies zu überraschenden Erfolgen geführt, in anderen Städten ist dieses Projekt gescheitert, mangels Beteiligung.

Ich möchte auf alle Fälle gern mit Ihnen den ersten Schritt wagen, ohne schon jetzt konkret zu wissen, wo er genau enden wird. Doch ich bin ausgesprochen optimistisch!

Am Ende des Prozesses, da bin ich mir sicher, wird Nordhausen gestärkt und handlungsfähig aus dem Prozess der Haushaltsgesundung gehen. Dies wird uns gelingen, wenn wir uns gemeinsam Vertrauen schenken und persönliche Interessen hintenan stellen. –

Mit Antoine de Saint Exupéry möchte ich unsere Stadtratssitzung eröffnen: „Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen“. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit."
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