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Ein geschichtlicher Abriss: 125 Jahre städtisches Museum in Nordhausen

Donnerstag, 27. September 2001, 17:06 Uhr
Erste Initiativen zur Gründung eines Museums in Nordhausen gingen 1869 von Antiquar Hermann Fischer aus. Er regte an, „ein bescheidenes Plätzchen“ zu finden, „woselbst die hier gefundenen Alterthümer für immer eine würdige Aufnahme fänden“. Die testamentarisch dem Magistrat überlassene Münzsammlung von A. Oßwald im Jahre 1872 gaben letztlich den Ausschlag, dass die Stadtverordnetenversammlung am 1. September 1873 beschloss, eine städtische museale Einrichtung zu schaffen. Auf Anregung des Oberlehrers am Gymnasium Dr. Theodor Perschmann wurde die Museumsangelegenheit 1874 auf den Nordhäuser Geschichts- und Altertumsverein (gegründet 1870 übertragen.

Am 29. September 1876 übergab Dr. Christian Krenzlin, Oberlehrer am Realgymnasium und Vorsitzender des Geschichts- und Altertumsvereins, dem Oberbürgermeister Riemann das „Städtische Altertums-Museums“, untergebracht in einem Zimmers der damaligen „Höheren Töchterschule“ auf dem Hagen (Blasiistraße 16). Zum Konservator des Museums wurde Dr. Perschmann ernannt. Damit nahm die 125-jährige wechselvolle Geschichte des Nordhäuser Museums seinen Anfang.

Zum Inventar gehörten damals u.a. eine umfangreiche Sammlung von Urnen und alten Tongefäßen, eine Schlüsselsammlung, der Vogel (1365 vor dem Neustädter Rathaus an der Grenze zwischen Ober- und Unterstadt errichtet), Harnische und Waffenstücke der ehemaligen freien Reichsstadt Nordhausen, zwei Münzsammlungen, die Figurengruppe aus dem Zwinger, die Riemenschneidersche Pieta aus der Altendorfer Kirche sowie eine Siegelsammlung.

Das Museum erfreute sich bei den Nordhäusern, vor allem bei den Schülern, großer Beliebtheit. Aufgrund des Andrangs konnte nach der Eröffnung der Zutritt nur noch klassenweise gestattet werden. Durch zahlreiche Schenkungen wuchs die Sammlung bedeutend an, so dass der Raum bald nicht mehr ausreichte. Eine neue Bleibe musste gefunden werden.

Im Neubau der 1878 eingeweihten Volksschule an der Morgenröte wurden für das Museum vier Räume im Nordflügel des Gebäudes bestimmt. Dem engagierten Wirken des Nordhäusers Brennherrn Hermann Arnold ist es zu verdanken, dass im Mai 1879 das „Städtische Alterthums-Museum“ in diesem Haus seine Pforten öffnete und sich von anfänglich 4 auf 17 Räume vergrößerte, in denen die Exponate Platz fanden. Über dem Eingang prangte der mahnende Vers: „Der Ohlen Ärwe, lohst nicht verdärwe!“

Nach Perschmanns Tod im April 1887 trug der Magistrat der Stadt Arnold die Stelle des Konservators an, die der leidenschaftliche Kunstliebhaber auch sofort annahm. Arnold, ein vielgereister ehemaliger Brennherr, war ein passionierten Sammler von Altertümern und Kunstgegenständen, wobei er eine besondere Leidenschaft für Muscheln und Schnecken entwickelte.

1891 musste das Altertums-Museum erneut die Räumlichkeiten wechseln, denn die höheren Lehranstalten übernahm der Staat. Neue Heimstatt des nunmehr „Städtischen Museums“ wurde das Volksschulgebäude in der Predigerstraße 1 (spätere Mädchen-Mittelschule). Nach dem Ausscheiden Arnolds übernahm der Mittelschullehrer Hermann Heineck 1900 die Leitung des Museums, das 1906 erneut die Räumlichkeiten wechseln musste, da das Gebäude für schulische Zwecke benötigt wurde. Die ehemalige Schule am Friedrich-Wilhelm-Platz beherbergte nun längere Zeit die museale Einrichtung der Stadt, in der auch das Stadtarchiv und die Volksbibliothek untergebracht waren.

Nach Arnolds Tod am 30. 12.1909 erhielt die Stadt testamentarisch sein Wohnhaus und wertvolle Sammlungen (u.a. eine Konchyliensammlung) sowie mehr als 1,7 Millionen Mark - bestimmt je zur Hälfte für karitative Zwecke (verwendet für den Bau des „Arnold-Heimes“) und „zur Ausstattung, Erhaltung und Erweiterung des Städtischen Museums nebst Bibliothek und Archiv“. Dadurch war man in der Lage, in der Folgezeit den Ankauf von Gegenständen im großen Maß zu tätigen. Der Erfurter Professor Alfred Overmann, nunmehr Leiter des Museums, stellte eine 10 Zimmer umfassende kostbare Stilmöbelsammlung zusammen, die im Frühjahr 1921 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

Dr. August Stolberg übernahm 1923 die Leitung des Museums. Im Jahre 1926 kaufte die Stadt das „Becker’sche Grundstück“ in der Osterstraße (A.-Puschkin-Straße), um dort die zehn Stilmöbelzimmer unterzubringen. Die intime Atmosphäre der Villa mit der großen parkähnlichen Gartenanlage war wie geschaffen für diese Kostbarkeiten. Am 26. Mai 1927 präsentierte sich die einmalige Sammlung aus fünf Jahrhunderten in der Villa, die den Namen „Neues Museum“ erhielt und am 8. Juli 1934 in „Meyenburg-Museum“ umbenannt wurde.

Das Gebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz wurde ebenfalls für schulische Zwecke benötigt, so dass ein erneuter Umzug erforderlich wurde - in eine Villa am Gehege, die von einer faszinierenden Parkanlage umgeben war. Am 7. Juli 1934 eröffnete das neue Haus, das „Lindenhof-Museum“ genannt wurde. Doch die Freude über die beiden Häuser währte gerade mal vier Jahre. Das letzte Kapitel der „ambulanten Existenz“ des Museums, wie ein Chronist den ständigen Umzug des Städtischen Museums treffend bezeichnete, begann 1938. Der Lindenhof wurde für militärische Zwecke requiriert - das Heeresbauamt hielt dort Einzug. Da keine weitere Alternative bestand, mußte kurzerhand die Stilzimmer weichen, die Bestände aus dem Lindenhof erhielten, so gut es ging, im Meyenburg Museum eine neue, wenn auch beengte Heimstatt.

Der 2. Weltkrieg und seine Folgen hatte für das Museum verheerende Folgen. Der Verlust der wertvollen Waffensammlung, der Richtschwerter, der wertvollen Münzsammlung und die Stilmöbel u.v.a.m. waren zu beklagen. Schwere Beschädigungen im Gebäude machten es erforderlich, dass das Museum in den ersten Nachkriegsjahren geschlossen bleiben musste. Unter der Leitung von Stadtarchivar R.H. Walter Müller konnte die Einrichtung am 14. Mai 1950 als heimatkundliche Ausstellung wieder eröffnet werden. Heimat- und Stadtgeschichte, Ur- und Frühgeschichte sowie die Geschichte der Arbeiterbewegung bestimmten die Themen der Ausstellung im Museum in den nachfolgenden vierzig Jahren.

1989 erfolgte eine umfangreiche Sanierung des Gebäudes. Am 3. Oktober 1991, am Tag der Deutschen Einheit, wurde die museale Einrichtung mit einer neu gestalteten Ausstellung wieder eröffnet. 1994 kam der Tabakspeicher in der Bäckerstraße mit den Bereichen Industriegeschichte und Stadtarchäologie als Außenstelle des Meyenburg-Museums hinzu und im Januar 2000 wurde die „Scheune“ mit weiteren Bereichen der Wirtschaftsgeschichte und Kommunikationstechnik feierlich zur Nutzung übergeben. Mit der Eröffnung der „Flohburg“ in der Barfüßerstraße 6 als Kunstgalerie der Stadt Nordhausen am 3. März 2001 erreichte die positive Entwicklung des städtischen Museums nach der Wiedervereinigung ihren glanzvollen Höhepunkt.

Am Sonntag, dem 30. September 2001, findet um 14.00 Uhr im Meyenburg- Museum die Vorstellung der von der Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung herausgegebenen Festschrift anlässlich des 125jährigen Jubiläums statt. Der Nordhäuser Konzertchor trägt zur Einstimmung Herbstlieder vor. Interessierte Bürger sind dazu herzlich willkommen.


Rainer Hellberg
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